Referentenentwurf des KostRMoG

Stellungnahme vom 16.10.2003

 

Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit, zum Referentenentwurf des KostRMoG Stellung nehmen zu können.

 

 

I. Allgemeine Bewertung des KostRMoG

Mit der Einführung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes wird für den Bereich der Rechtsanwaltschaft eine dringend gebotene Inflationsbereinigung des Gebührenverlaufs vorgenommen. Es ist sachlich geboten, die durch Teuerung entstehenden Verzerrungen in der Vergütung zulasten der Leistungserbringer regelmäßig auszugleichen, weil der Gebührenverlauf degressiv ist und damit nicht proportional zur Inflation steigt. Der Deutsche Notarverein erwartet, dass diese richtige Erkenntnis und Entscheidung der Bundesregierung auch bei den nach der Kostenordnung abzurechnenden Gebühren der Gerichte und Notare umgesetzt werden wird.

Die Abschaffung des Gebührenabschlags für Anwälte führt dazu, dass dieser Sondernachteil des Beitrittsgebiets auch für Notare abgeschafft werden muss und systemgerecht auch für die Gerichtskosten abgeschafft  werden sollte. Darüber hinaus ist fraglich, weshalb weitere Neuregelungen der Kostenordnung vorgezogen werden sollen. Der Deutsche Notarverein sieht bei den angesprochenen Fragen noch erheblichen Klärungsbedarf.

 

II. Einzelfragen

1.         Abschaffung des Gebührenabschlages Ost

Ausdrücklich begrüßt wird die Aufhebung des Gebührenabschlags Ost, die Forderung des Deutschen Notarvereins nach einer zeitnahen politischen Lösung erfüllt. Diese Ankündigung zeigt, dass die Argumente des Bundesverfassungsgerichts, die für eine Abschaffung sogar aus verfassungsrechtlichen Gründen sprechen, ernst genommen werden und eine gerichtliche Klärung auf Verfassungsbeschwerden hin vermieden werden soll. Durch diesen umsichtigen Schritt werden auch die Justizhaushalte am Wegfall des Abschlags beteiligt und erhalten notwendige Mittel. Ebenso wird die Abwanderung hervorragender Anwälte und Notare aus den neuen Bundesländern gebremst werden können.

Weiteren Einzelvorschlägen des Gesetzentwurfs zur vorgezogenen Änderung der Kostenordnung steht der Deutsche Notarverein kritisch gegenüber:

 

2.         Begrenzung des Geschäftswertes (Art. 4 Abs. 28 Ziff. 5 KostRMoG)

Einer Geschäftswertobergrenze lehnt der Deutsche Notarverein weiterhin ab. Obwohl in diesem Referentenentwurf ein Auslagentatbestand für die Einzelversicherung (Art. 4 Abs. 28 Ziff. 5 und 13 KostRMoG) geschaffen wird und der Betrag der Geschäftswertobergrenze gegenüber anderen Entwürfen sowie gegenüber dem RVG (§ 40 Abs. 2: 30 Millionen €) und dem GKG angehoben ist, um den stärkeren Degressionsverlauf der KostO zu berücksichtigen, bleibt der Deutsche Notarverein bei seiner Einschätzung, die der Stellungnahme vom 21.07.2003 zum Diskussionsentwurf der KostO abgegeben wurde.

 

Bereits in früheren Stellungnahmen wurde dargestellt, dass eine pauschale Gebührenobergrenze verfassungsrechtlich bedenklich ist: Notare sind verpflichtet, die ihnen angetragenen Beurkundungen vorzunehmen. Für ihre persönliche unbeschränkte und unbeschränkbare Haftung erhalten sie in Fällen der Geschäftswertobergrenze bzw. des Gebührendeckels nicht einmal mehr einen symbolischen Ausgleich. Gebührendeckel werden erfahrungsgemäß nicht angepasst und führen dann zu unangemessenen Vergütungen.

 

Insofern erscheint der Vorschlag, einen Auslagentatbestand für Versicherungskosten zu schaffen, auf den ersten Blick gerecht und zunächst vorteilhaft. Er wäre bei rein betriebswirtschaftlicher Betrachtung nicht zu beanstanden. Der Auslagentatbestand würde allerdings zu einer drastischen Erhöhung der Kosten (Gebühren und Auslagen) führen: Statt sich bei Geschäftswerten über 50.000.000,00 Euro je 250.000 Euro um 7 Euro bzw. 14 Euro zu erhöhen, wüchse der Gesamtaufwand je 250.000 Euro um rund 250 Euro (netto, zuzüglich Versicherungsteuer), denn die Versicherungskosten betragen rund 0,1% der Haftungssumme, ohne wie die KostO eine Degression vorzusehen.

 

Der Deutsche Notarverein lehnt diesen Vorschlag vor allem aus systematischen Gründen ab: Mit dem Auslagentatbestand käme eine Variable ins Kostenrecht – die Abhängigkeit der Kosten von den Versicherungskonditionen des beurkundenden Notars. Dies würde zu Streit um die Angemessenheit der Versicherungsprämie führen, was nicht justizentlastend wirkt. Dogmatisch ist die Frage der gesetzlichen Kosten nach § 140 KostO berührt.

 

Ferner unterstellt der Entwurf die grundsätzliche Versicherbarkeit dieser Risiken. Nach Auskunft von Versicherungsmaklern geht der Deckungszusage bereits vor dem Schwellenwert 60 Millionen Euro eine Prüfung voraus, oft mit internen Vorlagepflichten. Bereits ab 100 Millionen Euro ist für die meisten Versicherungsgesellschaften die Grenze der Rückversicherungsmöglichkeit erreicht, so dass diese Versicherungsschutz erst nach Klärung der Risikoverteilung bzw. nach Bildung von Konsortien gewähren können. Auch für Großversicherer ist es nahezu unmöglich, oberhalb des Wertes von 100 Millionen Euro kurzfristige Deckungszusagen zu geben.

 

Selbst wenn im Endergebnis eine Versicherung bereit ist, das Risiko zu übernehmen, würde das Verfahren schließlich zu Verzögerungen führen. Als Mindestbearbeitungszeit ist eine Frist von drei Werktagen anzunehmen, bei Werten oberhalb von € 60 Millionen kommen meist weitere drei Werktagen für die Bearbeitung bei einer internen Vorlage hinzu. Diese Frist ist zu rechnen ab Fertigstellung der wesentlichen Vertragsunterlagen, weil die Versicherer regelmäßig selbst eine Risikoeinschätzung aufgrund des vorgelegten Materials vornehmen möchten. Eine solche Vorlage ist im Lichte der Amtsverschwiegenheit nicht unproblematisch. Es gibt ein weiteres praktisches Problem: Regelmäßig werden in der Beurkundungsverhandlung von den Beteiligten noch Änderungen gewünscht, oder die Beteiligten tragen neue Aspekte vor, die der Notar zu würdigen und gegebenenfalls in der Urkunde umzusetzen hat. Die richtige Reaktion ist für das Haftungsrisiko mitentscheidend. Also müsste in der Beurkundungsverhandlung ein Versicherungsvertreter anwesend sein, um über den Fortbestand der Deckung zu entscheiden.

 

Soweit Überlegungen zur Gebührenbegrenzung mit Auslagenersatz für Versicherungskosten im Zusammenhang mit dem Entwurf des Rechtsanwaltsvergütungsneuordnungsgesetzes angestellt werden, sind diese auf die Notare nicht übertragbar. Der Unterschied zu Rechtsanwälten besteht darin, dass deren Tätigkeit und Haftung zivilrechtlicher Natur sind und dem Rechtsanwalt eine Haftungsbegrenzung auf € 250.000,00 möglich ist. Selbst im Formularvertrag ist eine Haftungsbegrenzung bei Fahrlässigkeit auf € 1.000.000,00 möglich (§§ 51, 51a Abs. 1 BRAO). Auch kann der Rechtsanwalt im Unterschied zum Notar Mandate ablehnen (§ 44 BRAO, anders für Notare in § 15 BNotO). Für die hoheitliche Tätigkeit der Gerichte und der Notare passt das nicht. Staatshaftung – auch die Staatshaftung nach § 19 BNotO – ist ihrer Natur nach unbeschränkt und unbeschränkbar.

 

Die pauschale Gebührenobergrenze ist für den gerichtlichen Bereich ebenso problematisch wie für die Notare. Hervorzuheben ist, dass Haftungsrisiken nicht (nur) auf rechtlichen Fehlern beruhen können, sondern auch – selbst leicht fahrlässige – Verzögerungen in Verfahren zu Schäden und damit zu einer Haftung führen können.

 

 

3.         Entwurfsgebühr bei gesetzlicher Pflicht zur Entwurfserstellung

Der Referentenentwurf sieht in Art. 4 Abs. 28 Ziff. 12 Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vor, dass für die Übersendung des „beabsichtigten Textes“ nach § 17 Abs. 2a BeurkG bereits die Entwurfsgebühr entsteht, ohne dass der Entwurf ausdrücklich angefordert wurde.

 

Der Deutsche Notarverein hat in seiner Stellungnahme zum DiskE KostO das Spannungsfeld zwischen der angemessenen Honorierung der Tätigkeit des Notars und der Möglichkeit der Urkundsbeteiligten, ohne wirtschaftlichen Druck über Zustandekommen oder Ablehnung des Vertrages zu entscheiden, aufgezeigt. Insofern wird der jetzige Regelungsvorschlag begrüßt.

 

Auch wenn der Referentenentwurf damit dem Grundanliegen Rechnung trägt, Tätigkeiten des Notars im Rahmen des Beurkundungsverfahrens vor Unterzeichnung der Urkunde angemessener zu vergüten, halten wir es dann, wenn Ihr Haus unserem Grundanliegen zustimmt, insgesamt für besser, für diese Frage eine Gesamtlösung anzustreben.

 

III. Zusammenfassung

Der Deutsche Notarverein spricht sich dafür aus, mit dem KostRMoG aus dem Bereich der Kostenordnung lediglich den Wegfall des Gebührenabschlags Ost zu regeln. Allein diese Regelung steht in einem Sachzusammenhang mit der Rechtsanwaltsvergütung und den Kosten nach dem GKG.

Sofern das KostRMoG darüber hinaus das Ziel verfolgt, auch weitere dringende Probleme des Kostenrechts zu lösen, griffe es viel zu kurz. Hier wären die eindeutige Verankerung eines Auslagentatbestandes für Abrufkosten aus elektronischen Registern und die überfällige Anhebung von Geschäftswertobergrenzen bei Unterschriftsbeglaubigungen, Vollmachten oder gesellschaftsrechtlichen Vorgängen zu nennen. Um eine zügigen Verabschiedung der Reformen in der Rechtsanwaltsvergütung und dem Gebührenabschlag Ost nicht zu behindern, spricht sich der Deutsche Notarverein trotz der Dringlichkeit auch dieser Anliegen für die „kleine“ Lösung aus.

Für Rückfragen steht der Deutsche Notarverein gerne zur Verfügung.

 

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