Formulierungshilfe des BMJ vom 29.10.1997 zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze (BT-Drucks. 13/4184)

Vermerk vom 26.11.1997

 

Zu Punkt 1. der Formulierungshilfe (Sozietät von Anwaltsnotaren und Wirtschaftsprüfern)

 

Die ablehnende Haltung des Deutschen Notarvereins zur beruflichen Verbindung von Anwaltsnotaren und Wirtschaftsprüfern ist bekannt. Die Argumente brauchen an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden. Erstaunlich ist allerdings die vom BMJ im Arbeitspapier vom Oktober 1997 vorgenommene (und offenbar auch als Begründung für den Regelungsvorschlag der Formulierungshilfe dienende) Wiedergabe der Ergebnisse der Anhörung zur BNotO-Novelle am 25.06.1997, wonach sich gegen eine Zulassung der Sozietät „aus fachlicher Sicht keine grundsätzlichen Bedenken“ ergeben hätten. Ganz im Gegenteil haben mit Ausnahme der Bundesrechtsanwaltskammer, des DAV und der Wirtschaftsprüferkammer sämtliche anwesenden Sachverständigen und Verbände genau solche – schwerwiegenden – Bedenken geäußert!

 

 

Zu Punkt 2. und 3. der Formulierungshilfe (§ 10 BNotO)

 

Gegen die vorgeschlagenen Änderungen bestehen keine Einwände. Der Deutsche Notarverein weist allerdings darauf hin, daß die Vorschrift des Art. 10 Abs. 4 Satz 1 BNotO-E anders als eine Richtlinie der Notarkammer nach § 67 Abs. 2 Nr. 9 BNotO-E eine durchaus willkommene ausdrückliche Wertung des Gesetzgebers enthält.

 

 

Zu Punkt 4. der Formulierungshilfe (§ 80 BNotO): siehe beiliegendes Schreiben

 

Zu Punkt 5. der Formulierungshilfe (Einsichtsgewährung in Mandantenverzeichnisse)

 

Die vorgeschlagene Regelung, wonach Sozien von An­waltsnotaren zur Vorlage und Aushändigung ihrer Mandantenverzeichnisse an die Aufsichtsbehör­den ihrer Notarsozien verpflichtet sind, ist zu begrüßen. Die von seiten der Anwaltschaft zu erwartenden Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung sind nach Auffassung des Deutschen Notarvereins unbegründet. Jedem beteiligten Berufsträger steht es frei, sich mit einem Notar zu assoziieren. Trifft er diese Entscheidung, so muß er sich den insoweit geltenden strengen Berufs­ausübungsregeln der Notare unterwerfen. Andernfalls würde die verfassungsrechtlich gebotene Überwachung der Mitwirkungsverbote in der Praxis unmöglich gemacht.

 

Allerdings reicht die Pflicht zur Vorlage und Aushändigung der Mandantenver­zeichnisse nicht aus, wie folgendes Beispiel zeigt:

 

Aufgrund einer anonymen Anzeige verpflichtet der Landgerichtsprä­sident des Landgerichts A den Sozius B des Notars N zur Vorlage seines Mandantenverzeichnisses. Bei Einsicht in das Mandantenver­zeichnis stellt der Landgerichtspräsident in der Tat fest, daß B den Mandanten X anwaltlich vertreten und der Notar N für X eine Beurkundung vorgenommen hat. Will sich nun B mit dem Hinweis verteidigen, er habe X in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit (Kündigungsschutzklage) vertreten, N für X hingegen einen Grund­stücksverkauf beurkundet, so ist ihm dies im Hinblick auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verwehrt. Ein Handeln in Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB seitens des B kommt nicht in Betracht, da Adressat einer belastenden Verfü­gung nur der N, nicht aber der B sein kann.

 

Hieraus ergibt sich, daß die Pflicht zur Aushändi­gung von Mandantenverzeichnissen auf die Pflicht zur Vorlage und Aushändigung von anwaltlichen Handakten erweitert werden muß, um den betroffenen Rechtsanwälten die Möglichkeit zu geben, sich ohne Verstoß gegen anwaltliche Schweigepflichten zu entlasten.

 

Außerdem ist zu präzisieren, daß zuständige Aufsichtsbehörde bei überört­lichen Sozietäten die Aufsichtsbehörde ist, die für den Verpflich­teten zuständig wäre, falls er Notar wäre. Bei ausländischen Sozien ist eine Auffangzuständigkeit zu schaffen.

 

Zu Punkt 6. der Formulierungshilfe (Mitwirkungsverbote)

 

1. Streichung der „Vergangenheitsklausel“ in § 3 Abs. 1 Nrn. 4, 5, 6, 7, 8 BeurkG-E

 

Die Streichung der in die Vergangenheit gerichteten Sozietätsklauseln in § 3 Abs. 1 Nrn. 4, 5, 6, 7, 8 BeurkG-E erscheint dem Deutschen Notarverein angesichts des Ziels dieser Vorschriften, bereits den Anschein einer Unparteilichkeit des Notars zu vermeiden, als zu weitgehend. Sachgerecht wäre die auch vom Bundesrat vorgeschlagene zeitliche Begrenzung des Mitwirkungsverbots auf einen Zeitraum von fünf Jahren ab Beendigung der gemeinsamen Berufsausübung.

 

 

2. § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG-E (Mitwirkungsverbot bei Vorbefassung)

 

Die Formulierung von § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG-E begegnet hinsicht­lich des neuen Halbsatzes 2 Bedenken. Mitwirkungsverbote des Notars sind rechtssyste­matisch nichts anderes als auf die besondere Situation des notariel­len Beurkundungsverfahrens zugeschnittene Befangenheitsvorschriften. Sie bestehen ebenso wie gerichtliche Befangenheitsvorschriften (vgl. §§ 41 ff. ZPO) im öffentlichen Interesse der Rechtspflege und sind nicht durch die Beteiligten verzichtbar. Die Problematik zeigt folgendes Beispiel:

 

Bei Rechtsanwalt und Notar N erscheinen A, B und C und lassen sich wegen der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages anwaltlich beraten. Einige Zeit später bitten sie N um die notarielle Beurkundung des von ihm als Anwalt entworfenen Vertrages.

 

Das wirtschaftliche Ziel des Vorgehens liegt auf der Hand, da so über den Vorgang sowohl Anwalts- als auch Notarkosten abge­rechnet werden können. Dies wäre nicht der Fall, wenn N die Beteiligten im Rahmen seiner Amtstätigkeit als Notar beraten hätte. Berät er (oder sein Anwaltssozius R) jedoch als Rechtsanwalt, so muß er im Rahmen der Beratung immer darauf achten, keine widerstreitenden Interessen zu vertreten. Die Interessenidentität der Beteiligten im Rahmen der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen als Regelfall zu postulieren, ist jedoch lebensfremde graue Theorie. Typischer­weise verfolgt jeder Beteiligte seine eigenen Interessen (ganz abgesehen von den ebenfalls involvierten Interessen etwa von Gläubigern und Arbeitnehmern der Gesellschaft), der Vertrag stellt den in den Verhandlungen gefundenen Kompromiß dar, erzielt unter fachkundiger Beratung des Notars. Entsprechend ist die Situation bei Kaufverträgen, Eheverträgen, Erbverträgen und sogar bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten. Auch wenn die vorausgehende anwaltliche Beratung im Auftrag aller Personen erfolgt, die an der Beurkundung beteiligt sein sollen, handelt es sich hierbei also qualitativ um etwas völlig anderes als bei der notariellen Beratung zum Zwecke der Errichtung einer notariellen Urkunde.

 

Im Ergebnis ist daher jegliche vom Regierungsentwurf abweichende Einschränkung des Mitwirkungsverbots des § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG-E, etwa auf Fälle einer vorausgegangenen „parteilichen Interessenwahrnehmung“ oder der „Unvereinbarkeit der Übernahme des Amtsgeschäftes mit den notariellen Amtspflichten zur Unparteilichkeit gegenüber allen Beteiligten“, abzulehnen.

 

Sollte an der Regelung in der Fassung der Formulierungshilfe festgehalten werden, müßte zumindest klargestellt werden, daß das Mitwirkungsverbot nur dann nicht eingreift, wenn die Tätigkeit im Auftrag aller an der Beurkundung materiell Beteiligten erfolgte.

 

 

3. § 3 Abs. 1 Nr. 9 BeurkG-E (Mitwirkungsverbot bei Gesellschaftsbeteiligung)

 

Die Einschränkung des Mitwirkungsverbotes im Falle von kleinen Gesellschaftsbeteiligungen ist grundsätzlich zu begrüßen. Zwar hat sich der Deutsche Notarverein bislang für eine Grenze von 10% der Stimmrechte ausgesprochen. Doch auch gegen einer Grenze von 5% der Stimmrechte bestehen keine Einwände, zumal sie die unterste Schwelle zur Ausübung qualifizierter Minderheitenrechte in einer Aktiengesellschaft darstellt.

 

Abzulehnen ist jedoch die summenmäßige Beschränkung auf 5.000 DM: Sollte damit der tatsächliche Wert der Anteile gemeint sein, wirft dies schwierige Bewertungsprobleme auf. Einigermaßen in den Griff zu bekom­men wären diese nur bei den wenigen börsennotierten Aktiengesellschaften, da nur dort der Kurswert der Anteile am Tag der Beurkundung anhand entsprechender Börsennotierungen feststellbar ist. In allen anderen Fällen müßte die Dienstauf­sicht erst eine Unternehmensbewertung vornehmen. Sollte die Regelung auf den Nominalwert abstellen, erscheint sie verzichtbar. Die von der Begründung der Formulierungshilfe angeführten Fälle prozentual niedriger Beteiligungen an kapitalstarken Gesellschaften bedeuten keineswegs notwendigerweise einer größere Gefahr für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars. Man denke an eine Beteiligung von 5.000 DM an Aktien einer großen Gesellschaft wie VW oder Siemens.

 

In jedem Falle sollte die Regelung auf Anteile an Genossenschaften erstreckt werden.

 

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