Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen durch Baubehörden nach dem Wohnungseigentumsgesetz

Stellungnahme vom 29.01.2021

Der Deutsche Notarverein dankt für Ihr Schreiben vom 14. Januar 2021 und die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen durch Baubehörden nach dem Wohnungseigentumsgesetz (nachfolgend kurz „AVA-E“).

Grundsätzlich hat die AVA große praktische Bedeutung für die notarielle Tätigkeit, da Notarinnen und Notare regelmäßig mit der Vorbereitung der Abgeschlossenheitsbescheinigung betraut sind. Zum einen werden sie teils von Bauträgern und deren Architekten gebeten, auf die korrekte Bezeichnung/Darstellung der Pläne zu achten. Zum anderen bereiten sie vielfach aus alten Bauplänen o. ä. für Private, die beispielsweise ihr Haus zum Zwecke der innerfamiliären Nachfolgeplanung aufteilen wollen, entsprechende Pläne vor.

Wir begrüßen daher, dass die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes vom 19.3.1974 anlässlich des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes vom 16.10.2020 (nachfolgend kurz „WEMoG“) einer umfassenden Überprüfung und Neufassung unterzogen wird, die die veränderten Vorgaben des WEMoG umsetzt und zugleich eine Öffnung für den elektronischen Rechtverkehr mit den Grundbuchämtern vorsieht. Dabei steht jedoch zu befürchten, dass insbesondere im Hinblick auf die in § 6 AVA-E vorgesehene Pflicht zur Maßangabe bei Stellplätzen oder den Außenbereichsflächen, die infolge des WEMoG nun unter bestimmten Voraussetzungen sondereigentumsfähig sind, neue Probleme geschaffen werden (siehe speziell hierzu Ziffer III).

Im Einzelnen haben wir Anmerkungen zu folgenden Punkten:

 

I. Antrag (§ 3 AVA-E)

1. Antragsberechtigung (§ 3 Abs. 1 AVA-E)

Nach § 3 Abs. 1 AVA-E ist – anders als bisher – neben dem Eigentümer und Erbbauberechtigten auch „jede andere Person, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht“, antragsberechtigt. In der Entwurfsbegründung wird hierzu (lediglich) ausgeführt, dass auch Erwerber, bevor sie das Eigentum erwerben, ein entsprechendes Interesse haben können.[1]

Der Deutsche Notarverein begrüßt diese Erweiterung der Antragsberechtigten und die damit verbundene größere Flexibilität bei der Antragstellung. Durch die Erweiterung wird zumal eine gewisse Angleichung an die Systematik beim Bauantrag erreicht. Auch für einen wirksamen Bauantrag ist – zumindest für das bayerische Recht nach Art. 64 BayBO – nicht Voraussetzung, dass der Antragsteller auch Eigentümer oder sonst Verfügungsberechtigter des Grundstücks ist, auf der die Baumaßnahme durchgeführt werden soll.[2] Es kann jedoch je nach Sachlage das Antragsinteresse fehlen, z. B. wenn erhebliche Zweifel an der Berechtigung des Bauherrn bestehen.[3] Nach der Hessischen Bauordnung (§ 69 Abs. 5 S. 3 HBO) etwa kann für Bauvorhaben auf fremden Grundstücken zumindest der Nachweis verlangt werden, dass die Eigentumsberechtigten zustimmen.

Fraglich erscheint uns jedoch dabei, ab welchem Zeitpunkt (z. B. Beurkundung des Kaufvertrages?) jemand den Status des „Erwerbers“ im Sinne des § 3 Abs. 1 AVA-E innehat. Zudem geht weder aus der Vorschrift noch aus der Entwurfsbegründung hinreichend klar hervor, wann in anderen Fällen ein „berechtigtes Interesse“ gegeben sein kann und wie eine Glaubhaftmachung regelmäßig erfolgen soll. Hier wäre eine entsprechende Klarstellung in der Begründung wünschenswert. In diesem Zuge ließe sich nach unserem Dafürhalten ferner ergänzen, dass der gestalterische Weg über eine Vollmacht, die der Veräußerer dem Erwerber zur Beantragung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt, weiterhin zulässig ist.

 

2. Möglichkeit der elektronischen Antragstellung (§ 3 Abs. 2 AVA-E)

Wir begrüßen ausdrücklich, dass mit der Neufassung der Verwaltungsvorschrift auch in diesem Bereich eine Öffnung für den elektronischen Rechtverkehr mit den Grundbuchämtern verbunden ist und insbesondere § 3 Abs. 2 AVA-E die Möglichkeit einer elektronischen Antragstellung vorsieht, soweit die jeweilige Landesregierung festgelegt hat, dass Dokumente elektronisch an das Grundbuchamt übermittelt werden können.

Wir geben lediglich zu bedenken, dass durchaus fraglich sein könnte, was gilt, wenn die jeweilige Landesregierung den elektronischen Rechtsverkehr mit den Grundbuchämtern sukzessive einführt und einzelne Grundbuchämter nach und nach dafür freigibt. Nach § 135 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Hs. 2 GBO kann die Zulassung auf einzelne Grundbuchämter beschränkt werden. Der Terminus „soweit“ in § 3 Abs. 2 S. 2 AVA-E lässt vermuten, dass in diesem Fall die Möglichkeit der elektronischen Antragstellung dann nur eröffnet sein soll, soweit die politische Gemeinde, auf deren Gebiet das nach dem WEG aufzuteilende Grundstück belegen ist, sich im Bezirk eines Grundbuchamts befindet, für das der elektronische Rechtsverkehr eröffnet ist. Die Begründung zu § 3 Abs. 2 AVA-E verhält sich hierzu allerdings nicht eindeutig, sodass sich nach unserem Dafürhalten zumindest eine entsprechende Klarstellung in der Begründung anbietet.

 

3. Bauzeichnung (§ 3 Abs. 3 AVA-E)

Dass der bisher in Ziffer 2 AVA vorgesehene Mindestmaßstab von 1:100 in § 3 Abs. 3 AVA-E nicht übernommen wurde, ist mit Blick auf das ab dem 1.1.2022 zu führende Elektronische Urkundenarchiv nachvollziehbar und zu begrüßen; ermöglicht dies etwa, auch kleinformatigere Aufteilungspläne erstellen zu lassen, die leichter digitalisiert werden können.[4]

Leitlinie sollte dabei aber stets sein, dass Effizienzgewinne durch Digitalisierung der Prozesse nicht zulasten der Sicherheit und Integrität des elektronischen Rechtsverkehrs gehen dürfen. Insoweit gilt es aus unserer Sicht zu verhindern, dass künftig auch zu Bauzeichnungen mit einem sehr kleinen Maßstab, aus denen die Lage und Größe der im Sondereigentum stehenden Räume und Flächen möglicherweise mit bloßem Auge nur schlecht erkennbar sind, die Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt wird. Das sollte zumindest in der Begründung zur AVA-E noch klargestellt werden.

 

II. Abgeschlossenheit (§ 5 AVA-E)

§ 5 Abs. 1 AVA-E definiert den Begriff der Abgeschlossenheit. Dabei stellt § 5 Abs. 1 Nr. 2 AVA-E – wie bislang Ziffer 5 lit. a) AVA – die Anforderung auf, dass der Zugang zu dem Sondereigentum „unmittelbar vom Freien, von einem Treppenhaus oder einem Vorraum“, erfolgen muss. Die Begriffe „Treppenhaus“ und „Vorraum“ finden sich zwar bereits in der Vorgängerverordnung wieder, bleiben aber nach unserem Dafürhalten rechtlich zu unpräzise. Schon umgangssprachlich würde man wohl statt Vorraum „Flur“ oder „Gang“ sagen. Rechtlich präziser wäre nach unserem Dafürhalten eine Anknüpfung an im Gemeinschaftseigentum stehende Räume.

Wir regen daher an, § 5 Abs. 1 Nr. 2 AVA-E wie folgt zu formulieren (Änderungen sind kenntlich gemacht):

„2. einen eigenen abschließbaren Zugang unmittelbar vom Freien, von einem Treppenhaus oder einem Vorraum oder einem im Gemeinschaftseigentum stehenden Raum haben.“

 

III. Maßangaben (§ 6 AVA-E)

§ 6 AVA-E regelt die Anforderungen, die an die Maßangaben zu stellen sind und verlangt, dass bei im Sondereigentum stehenden Stellplätzen und Teilen des Grundstücks „Größe und Lage der zum Sondereigentum gehörenden Flächen ausgehend von den Grundstücksgrenzen zu bestimmen“ sind.

Wir geben zunächst zu bedenken, dass die aufzuteilenden Gebäude in den Plänen regelmäßig nicht mit Maßketten o. ä. bis zu den Grundstücksgrenzen eingezeichnet sind und diese Anforderung damit oftmals nicht bzw. nur unter einem erheblichen Mehraufwand zu erfüllen wäre. Mit dieser Anforderung geht der Verordnungswortlaut zudem unnötig über den Gesetzeswortlaut des neuen WEG hinaus, wonach „Sondereigentum nur eingeräumt werden [soll], wenn die (…) Stellplätze sowie außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks durch Maßangaben im Aufteilungsplan bestimmt sind“ (§ 3 Abs. 3 WEG n. F.; Hervorhebung durch den Verfasser]). Auch die Entwurfsbegründung zum WEMoG geht nicht von einem zwingenden Erfordernis der Bemessung anhand der Grundstücksgrenzen aus. Danach müssen die Maßangaben jedenfalls so genau sein, dass sie es im Streitfall ermöglichen, den räumlichen Bereich des Sondereigentums eindeutig zu bestimmen, was lediglich „in der Regel“ bei sich auf die Grundstücksgrenzen beziehende Maßangaben der Fall sei.[5]

In der Entwurfsbegründung zu § 6 AVA-E heißt es, dass „[bei] Stellplätzen in einem Gebäude (z. B. einer Tiefgarage) [es] genügt, wenn sich die Maßangaben auf das Gebäude beziehen“. Genau dieser Satz müsste unbedingt in den Verordnungswortlaut selber aufgenommen werden, da diese „Ausnahme“ sonst nicht vom Verordnungstext gedeckt wäre.

Aber auch darüber hinaus erschließt sich uns nicht, warum zum Sondereigentum gehörende Außenbereichsflächen immer zwingend von der Grundstücksgrenze aus bemaßt sein müssen, wie folgendes Beispiel aus der täglichen Praxis veranschaulicht:

Beispiel: Eine Terrasse ist im Plan unmittelbar vor einer Wohnung belegen und dort mit 3 m x 6 m bemaßt.

Hier ist kein echter Mehrwert zu erkennen, wenn diese Terrasse zusätzlich weitere Maßangaben zur Grundstücksgrenze benötigt. Im Ergebnis könnte es dabei sogar zu in sich widersprüchlichen Maßangaben kommen. Wenn z. B. in einem Plan eine Terrasse mit 3 m Tiefe eingezeichnet ist und zusätzlich im Hinblick auf die Verordnung vermerkt wird, dass der Abstand zur Grundstücksgrenze weitere 5 m beträgt, sich später aber herausstellt, dass der Gesamtabstand Haus zu Grundstücksgrenze nur 7,90 m statt 8 m beträgt, könnte streitig sein, ob die Terrasse nun 3 m oder 2,90 m Tiefe hat.

Aus unserer Sicht sollten daher auch in diesen Fällen Maßangaben ausreichend sein, die sich auf eindeutig bestimmbare Elemente des aufgeteilten Gebäudes beziehen. Der Verordnungswortlaut könnte in § 6 AVA-E unter Berücksichtigung vorstehender Aspekte insoweit flexibler wie folgt gefasst werden (Änderungen sind kenntlich gemacht):

„Die Maßangaben bei Stellplätzen und Teilen des Grundstücks müssen es ermöglichen, die Größe und Lage der zum Sondereigentum gehörenden Flächen ausgehend von den Grundstücksgrenzen oder eindeutig bestimmbaren Punkten eines Gebäudes zu bestimmen. Bei Stellplätzen in einem Gebäude (z. B. einer Tiefgarage) genügt es, wenn sich die Maßangaben auf das Gebäude beziehen.

In die Begründung der Verwaltungsvorschrift ließe sich sodann klarstellend aufnehmen, dass bei zum Sondereigentum gehörenden Außenbereichsstellplätzen und -flächen das Gebäude in der Regel dann als eindeutigen Anknüpfungspunkt für die Bemaßung dienen kann, wenn dieses wiederum anhand der Grundstücksgrenzen bestimmbar ist. Bei Bestandsgebäuden wird dies regelmäßig über die amtlichen Flurkarten und bei Neubauten jedenfalls über die Architektenpläne der Fall sein. Bei Stellplätzen in einem Gebäude (z. B. einer Tiefgarage) genügt es, wenn sich die Maßangaben auf das Gebäude beziehen, selbst wenn das Gebäude in den Plänen nicht mit Maßketten o. ä. bis zu den Grundstücksgrenzen eingezeichnet ist.

 

IV. Sondereigentum an Stellplätzen in einer Mehrfachparkanlage (§ 7 Abs. 2 AVA-E)

Hilfreich ist für die Praxis sicherlich die vorgesehene Klarstellung in § 7 Abs. 2 AVA-E zur Nummerierung oder planerischen Darstellung von sondereigentumsfähigen Stellplätzen in Mehrfachparkanlagen (z. B. einer Duplex-Anlage). Wünschenswert wäre jedoch eine ergänzende Klarstellung, wie die Pflicht zur Maßangabe bei diesen Stellplätzen erfüllt wird, da hier in der Praxis größere Unsicherheiten festzustellen sind.

Legte man den Verordnungstext eng aus, müssten wohl jeweils „kleine Rechtecke“ genau in der Größe der Plattformen – zzgl. der Abstand zu den Wänden oder gar von der Grundstücksgrenze (s. o.) – gezeichnet werden, da nur diese sondereigentumsfähig sind, der Mehrfachparker als solcher aber Gemeinschaftseigentum ist. Dies würde in der Praxis zu einem erheblichen Mehraufwand und – so steht es zu befürchten – auch zu vielen untauglichen Plänen führen.

Wir regen daher eine klarstellende Verordnungsregelung im Sinne einer weiteren Auslegung an, dass es nicht zwingend die Darstellung der einzelnen Plattformen benötigt, sondern vielmehr auch nur die Grundfläche der jeweiligen Mehrfachparker angegeben werden kann.

Redaktionell erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dass es bei der Begründung zu § 7 (S. 11 des Entwurfs) zweimal „Zu Absatz 1“ heißt. Beim zweiten Mal sollte es „Zu Absatz 2“ heißen.

 

Druckfassung

 

Fußnoten:

[1] Entwurfsbegründung zu § 3 Abs. 1.

[2] Gaßner/Reuber, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 139. EL Oktober 2020, Art. 64 Rn. 18; ebenso VGH München Urt. v. 12. 5. 1986 – 14 B 85 A. 588, BayVBl. 1986, 595.

[3] Gaßner/Reuber, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 139. EL Oktober 2020, Art. 64 Rn. 18; ferner VGH München Urt. v. 12. 5. 1986 – Nr. 14 B 85 A. 588, BayVBl. 1986, 595, bestätigt mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch BVerwG v. 24. 7. 1986 – Nr. 4 B 129.86; OVG Hamburg Urt. v. 25. 9. 1958, DVBl. 1960, 24.

[4] Andernfalls bliebe bei großformatigeren Aufteilungsplänen nur noch die Möglichkeit, diese nach § 37 Abs. 1 NotAktVV in die Sondersammlung zu überführen.

[5] Begründung zum Regierungsentwurf des WEMoG, BT-Drs. 19/18791, S. 39 (Zu Buchstabe c [Absatz 3]).

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