Referentenentwurf eines Gesetzes zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen

Stellungnahme vom 05.01.2009

 

 

Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum vorgenannten Referentenentwurf. Die feiertagsbedingte Überschreitung der Stellungnahmefrist bitten wir zu entschuldigen.

Nach der erfolgreichen Einführung des elektronischen Registerverkehrs im Handelsregister soll nun mit dem Vereinsregister ein weiterer Justizbereich für den elektronischen Rechts­verkehr geöffnet werden. Der Deutsche Notarverein begrüßt dies ausdrücklich. Die vom Deutschen Notarverein vertretenen hauptberuflichen Notarinnen und Notare werden auch im Vereinsrecht den elektronischen Rechtsverkehr konstruktiv begleiten und fördern; dies gilt sowohl für die Umstellung auf den elektronischen Betrieb als auch für die Mitwirkung im lau­fenden Betrieb. Die dazu erforderliche Innovationskraft und Leistungsbereitschaft des Nota­riats konnte bereits beim Aufbau des elektronischen Handelsregisters demonstriert werden.

Unsere nachfolgenden Anmerkungen zum Referentenentwurf haben zum Ziel, die Effizienz­steigerungspotenziale des elektronischen Vereinsregisters möglichst weitgehend auszu­nutzen. Hier schöpft der Referentenentwurf unseres Erachtens noch nicht alle Möglichkeiten aus (I). Im Hinblick auf die Publizitätswirkung des Vereinsregisters und dem daraus resultie­renden Verkehrsschutz sind ebenfalls noch Verbesserungen möglich (II.) Die vorgesehenen materiell-rechtlichen Änderungen im Vereinsrecht sind dagegen zu begrüßen (III.).

 

I. Effizienzsteigerungspotenziale ausnutzen

1. Verpflichtende Nutzung des elektronischen Registerverkehrs

Elektronischer Registerverkehr ist nur dann sinnvoll und führt nur dann zu Effizienzgewinnen für alle Beteiligten, wenn der Registerverkehr insgesamt auf die elektronische Form umge­stellt wird. Der Referentenentwurf geht hier aber nur einen „halben Schritt“, indem er den Landesregierungen (nach der allgemeinen Regel des § 14 Abs. 4 FamFG) lediglich ermög­licht, zukünftig die elektronische Form neben der Papierform zuzulassen.

Ein länger andauernder paralleler Registerverkehr in Papierform und elektronischer Form führt bei den Verfahrensbeteiligten jedoch zu einem Mehraufwand und einem Verlust an Rechtssicherheit. Gerichte und Notare müssten nämlich dauerhaft Parallelstrukturen auf­rechterhalten. Mitarbeiter müssten in beiden Verfahrensarten ausgebildet und geschult wer­den. Nicht erwünschte Medienbrüche würden auf Dauer konserviert; die Einführung einer elektronischen Akte wäre nicht sinnvoll möglich. Insgesamt längere Bearbeitungszeiten und eine erhöhte Fehleranfälligkeit wären die Folge. Im Übrigen zeigt das elektronische Handels­register mit ungleich höheren Fallzahlen, dass ein klarer Systemwechsel technisch und or­ganisatorisch machbar ist.

Der Deutsche Notarverein plädiert daher dafür, den Landesregierungen zumindest auch, am besten nur die Möglichkeit einzuräumen, die elektronische Einreichung verpflichtend vorzu­schreiben. Vorbild wäre insoweit das elektronische Handelsregister (§ 12 HGB) oder die im Referentenentwurf zum elektronischen Grundbuch enthaltenen Ermächtigungen für die Län­der. Wie ehedem bei www.handelsregister.de sollte der Stand der Umstellung an einer zent­ralen Stelle einsehbar sein.

Die bisherigen Erfahrungen in anderen Bereichen des elektronischen Rechtsverkehrs haben gezeigt, dass ohne eine solche Verpflichtung die Umstellung stecken bleibt. So wird etwa das seit dem 1.12.2008 mögliche elektronische Mahnverfahren von den Anwälten nur sehr schleppend in Anspruch genommen. Denkbar, aber nicht unbedingt wahrscheinlich ist, dass die Kosten für die notwendige Soft- und Hardware sowie die neu einzuführenden Büroabläu­fe und Arbeitsprozesse prohibitiv wirken. Wahrscheinlicher ist das Fehlen eines „Zwangs zur Fortbildung“, solange gleichwertige Alternativen zur Verfügung stehen. Ausschlaggebend wird jedoch sein, dass die Zusatzarbeit für Scannen, Erfassen von Strukturdaten und elekt­ronisches Übermitteln nicht geleistet wird, solange hierfür weder eine Notwendigkeit noch ein sonstiger Anreiz besteht.

Eine Verpflichtung zur elektronischen Einreichung begegnet auch aus Sicht der betroffenen Vereine keinen durchgreifenden Bedenken. Auch wenn diese nicht selbst über die betreffende  Infrastruktur zur elektronischen Einreichung verfügen, steht mit dem Notar ein ohnehin (vgl. § 77 BGB) einzuschaltender Ansprechpartner zur Verfügung, der die Einreichung über­nehmen wird. Die Notare selbst sind auf Grund des elektronischen Handelsregisters flä­chendeckend mit der für den elektronischen Rechtsverkehr notwendigen Soft- und Hardware ausgestattet und vertraut. Es ist nicht ersichtlich, warum das Handelsregister hier prinzipiell anders als das Vereinsregister behandelt werden sollte, zumal die den Vereinen entstehen­den Kosten für die elektronische Einreichung über den Notar noch geringer sein dürften als beim Handelsregister.

2. Konzentration der Vereinsregistersachen bei den Handelsregistern

Um die Effizienzpotenziale des elektronischen Registerverkehrs voll ausschöpfen zu können, bietet es sich an, die Vereinsregistersachen bei den Amtsgerichten anzusiedeln, die bereits die Handelsregistersachen betreuen. Im Bereich des Handelsregisters hat es hier bei der Einführung des elektronischen Registerverkehrs in vielen Bundesländern einen Konzentrationsprozess gegeben, der nun für die Vereinsregistersachen nachvollzogen werden sollte. So wäre es möglich, das im Bereich des Handelsregisters bereits vorhandene Know How und die technischen Strukturen auch für das Vereinsregister zu nutzen.

§ 55 BGB eröffnet den Landesregierungen bereits die entsprechenden Möglichkeiten für die angesprochene Zuständigkeitskonzentration, so dass ein Handeln des Bundesgesetzgebers insoweit wohl nicht erforderlich ist. Fällt die Einreichung auf Papier gänzlich weg, spricht auch der Gesichtspunkt einer „bürgernahen Justiz“ nicht mehr gegen eine Zuständigkeits­konzentration, da alle Dokumente auch für die betroffenen Vereine selbst elektronisch abruf­bar sind.

 

II. Verbesserungen im Hinblick auf Publizität, Verkehrsschutz und Rechtssicherheit 1. Keine Ersetzung der Urschrift durch die einfache Abschrift

Der Referentenentwurf möchte im Bereich des elektronischen Registerverkehrs die in Pa­pierform notwendige Urschrift durch eine einfache (elektronische) Abschrift ersetzen. Dies gilt insbesondere für die Vereinssatzung sowie Satzungsänderungen (§§ 59, 71 BGB-E).

Der Deutsche Notarverein hält diesen Ansatz im Interesse von Publizität, Verkehrsschutz und Rechtssicherheit für nicht sachgerecht. Zunächst widerspricht er bereits dem Grundsatz der Formäquivalenz zwischen Papierform und elektronischer Form. Weiter ist die einfache Abschrift nicht fälschungssicher und damit bei etwaigen Streitigkeiten besonders anfällig. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Vereine meist nur über ehrenamtliche Ge­schäftsführungsstrukturen mit häufig wechselnden Personen verfügen, die ohnehin erfahrungsgemäß regelmäßig Probleme mit der dauerhaften und rechtssicheren Dokumentation der Vereinsbeschlüsse haben.

Der Verweis auf § 12 Abs. 2 Satz 2 HGB in der Entwurfsbegründung trägt nicht. Zunächst ist § 12 Abs. 2 Satz 2 HGB selbst nicht systemkonform und daher prinzipiell reformbedürftig. Mit dieser Vorschrift hat das EHUG das deutsche Registerwesen, dass bisher den Sicherheits­grad von Fort Knox aufwies, für betrügerische Handelsregisteranmeldungen geöffnet (z.B. Anmeldung eines Geschäftsführerwechsels aufgrund gefälschten Gesellschafterbeschlus­ses, Einreichung einer gefälschten Gesellschafterliste durch diesen mit der Folge gutgläubi­gen Wegerwerbs des Anteils, Erzeugung des Rechtsscheins eines Revirement im Aufsichts­rat mit eingescannten Vorstandsunterschriften unter eine Liste nach § 106 AktG). Viel wichti­ger ist aber, dass die Situation bei den Kapitalgesellschaften nicht mit dem Vereinsrecht ver­gleichbar ist. Während im Bereich der GmbH und der AG bei satzungsrelevanten Beschlüs­sen immer ein Notar mitwirkt und insofern eine präventive Rechtskontrolle stattfindet, ist dies im Vereinsrecht gerade nicht der Fall. Unter Hinweis auf die beachtliche Zahl von Rechts­streitigkeiten innerhalb von Vereinen lässt sich dieses Argument nicht mit dem Hinweis ent­kräften, mangels wirtschaftlicher Bedeutung sei die Gefahr von Manipulationen gering.

Es bietet sich daher an, im Bereich des elektronischen Registerverkehrs die bereits jetzt üb­liche Praxis der Registergerichte, beglaubigte Abschriften von den eingereichten Urschriften zu fertigen (und letztere an die Anmelder zurückzureichen), auf die Ebene des Notars vorzuverlagern. Dann würde der Notar als Amtsträger elektronisch beglaubigte Abschriften der ihm vorgelegten Urschriften anfertigen und bei Gericht einreichen bzw. den Beteiligten zur Einreichung zur Verfügung stellen. Alternativ zur notariell beglaubigten elektronischen Ab­schrift nach § 39a BeurkG könnte weiter an Stelle der Urschrift ein mit der qualifizierten elektronischen Signatur der Beteiligten (§ 126a BGB) versehenes Dokument genügen. Letzte­res dürfte aber angesichts der nur geringen Verbreitung der Signaturtechnik in der Bevölke­rung derzeit keine praktisch relevante Alternative darstellen. In §§ 59 Abs. 2, 67 Abs. 1 Satz 2, 71 Abs. 1 Satz 3 BGB wäre somit dementsprechend zu formulieren.

 

2. Einführung einer notarbescheinigten Vereinssatzung

Die Rechtssicherheit und der Verkehrsschutz im Vereinsrecht ließe sich zudem noch durch Einführung einer notarbescheinigten Vereinssatzung erheblich verbessern. Jeder, der sich mit dem Vereinsrecht beschäftigt, weiß um die praktischen Schwierigkeiten, im Einzelfall die aktuell geltende Vereinssatzung ausfindig zu machen. Ist eine Satzung statt anhand einzel­ner Versammlungsprotokolle in Papier jetzt am Bildschirm als „elektronisches Puzzle“ zu­sammenzusetzen, werden die Probleme nicht geringer. Insbesondere Streitgerichte werden vor die Aufgabe gestellt sein, statt Rechtsfragen rasch zu entscheiden, erst einmal mühsam die Tatsachengrundlagen für eine Entscheidung zu ermitteln: die Arbeit im „Steinbruch des Rechts“ überlagert die Rechtsgewährung.

 

Eine notarbescheinigte aktuelle Fassung der Vereinssatzung entsprechend § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG (bzw. entsprechend § 181 Abs. 1 Satz 2 AktG oder § 40 Abs. 1 Satz 3 VAG) wür­de hier Abhilfe schaffen. Eine entsprechende Vorschrift wäre in § 71 Abs. 1 BGB als neuer Absatz 2 (der bisherige Absatz 2 wird zu Absatz 3) einzufügen und könnte etwa wie folgt lauten:

„(2) Der Anmeldung ist der vollständige Wortlaut der Satzung beizufügen; er muss mit der Bescheinigung eines Notars versehen sein, dass die geänderten Bestimmungen der Satzung mit dem Beschluss über die Änderung der Satzung und die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt zum Vereinsregister eingereichten vollständigen Wort­laut der Satzung übereinstimmen“.

Dem Deutschen Notarverein ist bewusst, dass die Einführung einer solchen Bestimmung zu einem erhöhten Arbeitsaufwand und Haftungsrisiko der bescheinigenden Notare führen wür­de. Im Interesse der Rechtssicherheit und einer vereinfachten Handhabung auch aus Sicht der betroffenen Vereine wird ein derartige notarielle Mitwirkung aber ausdrücklich angebo­ten: für alle Beteiligten würde sich dann zukünftig die aktuell geltende Vereinssatzung ohne Schwierigkeiten aus dem Vereinsregister ermitteln lassen. Die Vorbereitung von (insbeson­dere satzungsändernden) Mitgliederversammlungen würde erheblich vereinfacht.

Die notarielle Satzungsbescheinigung wäre im Übrigen auch systemkonform. Der Verein als Grundform der juristischen Person würde dann genauso behandelt wie ihre speziellen Aus­prägungen.

Zudem entfiele § 66 Abs. 2 Satz 1 BGB, da auch bei Satzungsänderungen die Satzung dann nur in den elektronischen Dokumentenabruf einzustellen wäre.

 

III. Sonstige Änderungen im materiellen Vereinsrecht

1. § 33 BGB-E, §§ 103 Satz 1, 276 Abs. 2 Sätze 1-2 UmwG-E

Die Klarstellung zur erforderlichen Mehrheit bei Beschlüssen der Mitgliederversammlung wird als sachgerecht begrüßt. Die Klarstellung entspricht der bisherigen herrschenden Mei­nung in Literatur und Rechtsprechung, die auf die „abgegebenen Stimmen“ abgestellt hat. Sie trägt den vereinsrechtlich möglichen Mehrstimmrechten Rechnung.

 

2.  § 77 BGB-E

Gleiches gilt für die Klarstellung zu den Anmeldungen zum Vereinsregister. Dort soll es zu­künftig in jedem Fall genügen, dass die Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl anmelden. Dies erscheint insbesondere auch für die Vereinsgründung (dort ist die Rechtsfrage streitig) sachgerecht.

Für Fragen oder auch ein persönliches Gespräch stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.

 

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