Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt

Stellungnahme vom 04.07.2016

Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Gesetzentwurf (im Folgenden auch: „GE“) dient zwar in erster Linie der Anpassung des Städtebaurechts an die Vorgaben der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 vom 25.4.2014 S. 1) und der Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt. Es sollen aber auch Regelungen zu Ferienwohnungen und Nebenwohnungen (Zweitwohnungen) in das Baugesetzbuch und in die Baunutzungsverordnung aufgenommen werden, um Rechtsunsicherheiten zu beheben und kommunale Steuerungsmöglichkeiten auszuweiten.

Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir uns nur zu den Punkten des GE äußern, zu denen wir uns fachliche Expertise zutrauen. Dies betrifft die in Artikel 1 Nr. 13 des GE enthaltenen Änderungen des § 22 BauGB-E. Der Gesetzgeber rechtfertigt diese Bestimmungen wie folgt:

Der Vorschrift liegt auf Grund der Erfahrung der Praxis die Überlegung zu Grunde, dass die Begründung von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz an Wohnzwecken dienenden oder hierfür vorgesehenen Gebäuden und Räumen in der Regel zu einer Nutzung als Zweitwohnung mit der weiteren Folge führt, dass diese Gebäude und Räume der Nutzung durch einen wechselnden Personenkreis von Feriengästen entzogen werden.“ (so S. 4 der BR-Drs. 180/15).

Der Gesetzentwurf trägt diesem Anliegen der Kommunen, Gebiete mit Tourismusfunktion zu sichern, Rechnung und setzt die Entschließung des Bundesrates vom 12.6.2015 (BR-Drs. 180/15) um. Denn „viele Fremdenverkehrsgemeinden stehen vor dem Problem, dass sie sich einerseits über die Errichtung neuer Häuser in zentralen Lagen ihrer Ortschaften freuen, aber gleichzeitig befürchten, dass durch den Verkauf der Wohnungen an Auswärtige „tote Zonen“ geschaffen werden […]“, so C. Rundt (S. 224 des 934. Plenarprotokolls vom 12.6.2015).

Grundsätzlich ist es deswegen zu begrüßen, den Genehmigungsvorbehalt in § 22 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf die Begründung von Bruchteilseigentum auszudehnen. Denn „[i]mmer häufiger wird der Genehmigungsvorbehalt in § 22 Abs. 1 BauGB [a. F.] dadurch umgangen, dass kein Wohnungseigentum, sondern sogenanntes Bruchteilseigentum begründet wird.“ (so S. 4 der BR-Drs. 180/15).

Im GE wird die Erweiterung des Genehmigungsvorbehalts auf drei neue Tatbestandsalternativen vorgeschlagen, nämlich

  • für die Begründung von Bruchteilseigentum (§ 1008 BGB) an Grundstücken mit Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben, wenn zugleich nach § 1010 Absatz 1 BGB als Belastung eingetragen werden soll, dass Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB-E) oder
  • bei bestehendem Bruchteilseigentum (§ 1008 BGB) an Grundstücken mit Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben eine im Grundbuch als Belastung einzutragende Regelung nach § 1010 Abs. 1 BGB, wonach Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB-E) oder sogar
  • die Nutzung von Räumen in Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben als Nebenwohnung, wenn die Räume insgesamt mehr als sechs Monate im Jahr unbewohnt sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB-E).

Dies halten wir nicht für zielführend im Sinne einer geeigneten Zweck-Mittel-Relation. Der DNotV bezweifelt die Effektivität des gewählten Regelungsansatzes. Ob so das ausschließliche Nutzen von Zweitwohnungen durch den Eigentümer unterbunden und damit die Verdrängung des Dauerwohnens und des touristischen Wohnens gestoppt werden kann, ist fraglich.

Zielführender ist wohl – wie bereits auf S. 224 des 934. Plenarprotokolls vom 12.6.2015 ausgeführt – den Bau von preiswerten Wohnungen mit bezahlbaren (Anfangs-)Mieten zu fördern. Dieser Ansatz wurde bereits im Jahr 2014 auf einer Inselkonferenz mit den Bürgermeistern der Ostfriesischen Inseln bestätigt. So hat sich für dort geplante Bauvorhaben gezeigt, dass eine wirtschaftliche Darstellung der Bauvorhaben mit höheren Förderbeträgen und für die Inseln verträglichen Anfangsmieten möglich ist (siehe S. 224 des 934. Plenarprotokolls vom 12.6.2015).

Die beiden ersten Varianten des GE sind gestaltungsanfällig. Bereits de lege lata ist eine gesellschaftsrechtliche Konstruktion der Bruchteilsgemeinschaft überlegen.

Dazu folgendes Beispiel:

Die vermögensverwaltende ABC UG & Co. KG, bestehend aus A, B und C als Kommanditisten und der X-UG als Komplementär, erwirbt ein Grundstück mit Wohngebäude. Die KG wird im Grundbuch eingetragen. Im Gesellschaftsvertrag der ABC KG ist u. a. eine Regelung enthalten, wonach Räume einem oder mehreren Gesellschaftern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen sind. Der Gesellschaftsvertrag sieht weiter vor, dass im Fall der Missachtung der Benutzungsregelung, der Insolvenz eines Gesellschafters oder der Pfändung der Beteiligung der Betreffende gegen Buchwertabfindung aus der Gesellschaft ausscheidet.

Zum anderen stellt sich bei der letzten Alternative (Nr. 5) des GE die Frage, wie die Nutzungsdauer überwacht werden kann. Zwar wird ein entsprechender Ordnungswidrigkeitstatbestand in § 213 BauGB-E geschaffen, um das genehmigungswidrige Verhalten zu unterbinden. Aber wie soll die Kontrolle konkret aussehen: ex post, ex ante oder gar jährlich rückwirkend zum Jahresende? Hier sind Vollzugsdefizite vorprogrammiert.

Zudem sollten kumulativ zur Zweitwohnungsteuer weitere Instrumente zur Abwehr gegen AirBnB, FeWo.de und ähnliche Anbieter gefunden werden, um den Erwerb von Zweitwohnungen so unattraktiv wie möglich zu gestalten. Hiervon betroffen sind nicht nur Fremdenverkehrsgebiete, sondern vor allem großstädtische Ballungsräume mit Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Hier besteht Anlass, im Zusammenhang mit der Suche nach Regelungsansätzen auch darüber nachzudenken, ob vorgenommene oder geplante Änderungen des Mietrechts zu Fehlsteuerungen geführt haben bzw. führen werden.

 

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