Weitere Vormundschaftsreform

Stellungnahme vom 30.11.2018

Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme. Wir begrüßen den Ansatz, die im Entwurf angesprochenen Regelungsbereiche zu modernisieren.

Wir nehmen zunächst Stellung zur gesetzlichen Systematik und Terminologie (A.), sodann folgen Ausführungen, die nur die Vormundschaft (B.) und die Betreuung (C.) betreffen. Hieran schließen sich Anmerkungen zu den übergreifenden Themen des Schenkungsverbots (D.) und der Genehmigung von Rechtsgeschäften an (E.).

 

A. Gesetzliche Systematik und Terminologie

I. Gesetzliche Systematik

 Der Entwurf sieht als Grundmodell die Betreuung vor, auf die hierzu geltenden Vorschriften wird dann im Rahmen der Vorschriften zur Vormundschaft und zur Pflegschaft verwiesen. Das ist angesichts der Praxis, in der die Betreuung – soweit wir das beurteilen können – die größte Rolle spielt, eine gut vertretbare Entscheidung.

Allerdings regelt der Entwurf wie bisher die Vormundschaft (und – insoweit abweichend vom bisherigen Aufbau – auch die Pflegschaft für Minderjährige) vor der Betreuung. Das macht es notwendig, von vorn nach hinten zu verweisen. Das ist gesetzessystematisch unüblich und zumindest „unschön“. Wenn die Betreuung das Grundmodell ist, auf das verwiesen wird, sollte überlegt werden, dieses auch voranzustellen. Das hätte allerdings den Nachteil, dass nach Abschnitt 2, in dem u. a. im Titel 5 die elterliche Sorge geregelt ist, im Abschnitt 3 zunächst die rechtliche Betreuung folgen würde. Daher wäre noch weitergehend sogar denkbar, einen allgemeinen Teil mit Grundsätzen (u. a. die Genehmigungstatbestände) voranzustellen, die für sämtliche Fälle der im Abschnitt 3 geregelten Konstellationen gelten. Dann könnte es im Übrigen bruchlos bei dem bisherigen im Diskussionsentwurf geregelten Aufbau bleiben.

 

II. Vereinheitlichung der Terminologie: Minderjährige, Kinder und Mündel

Der Entwurf verwendet wie das geltende Recht für dieselben betroffenen Personen unterschiedliche Begriffe, z. B. spricht § 1773 BGB-E vom „Minderjährigen“, § 1774 BGB-E vom „Kind“ und § 1777 BGB-E vom „Mündel“. Gemeint ist stets dieselbe Person – nämlich der unter Vormundschaft zu stellende oder stehende Minderjährige. Denn seit Inkrafttreten der Betreuungsrechtsreform am 1.1.1992 ist Mündel stets eine minderjährige Person.[1]

Wir regen an, künftig insofern eine einheitliche Terminologie zu verwenden. Dabei sollte auf den veralteten Begriff des Mündels ganz verzichtet werden. Der Begriff des Kindes hätte den Vorteil, dass es der alltäglichen Sprache entstammt und geschlechterneutral ist. Damit würde auch eine begrifflich klare Unterscheidung zwischen der Betreuung Erwachsener und der Vormundschaft für Kinder gezogen, die allgemein verstanden wird.

 

III. Sprachliche Modernisierung der in der Bevölkerung als negativ empfundenen Begriffe des Vormunds und Pflegers

Die Begriffe „Vormund“ und „Pfleger“ rufen in der Praxis bei Bürgerinnen und Bürgern zumeist negative Assoziationen hervor. Wir regen daher an, zu prüfen, die Begriffe „Vormund“ und „Pfleger“ durch Begriffe zu ersetzen, die eine positive(re) oder zumindest keine negative Konnotation haben. In Anlehnung an das österreichische Recht (vgl. §§ 240 ff. Ö-ABGB) könnte man bei Volljährigen den Betreuer durch „Erwachsenenvertreter“ und den Pfleger durch „Erwachsenenbeistand“ ersetzen. Für den Minderjährigen kennt das österreichische Recht allerdings nur „die mit der Obsorge betraute Person“ (vgl. § 213 Abs. 1 Ö-ABGB), was wir nicht nur Nachahmung empfehlen. Wäre „Kindsvertreter“ für den Vormund und „Kindsbeistand“ für den Pfleger eine Lösung? Der Blick nach Wien wäre jedenfalls ein Beitrag zur einheitlichen Rechtsterminologie im deutschen Sprachraum.

 

B. Vormundschaft

I. Ehegatten als gemeinschaftliche Vormünder (§ 1776 Abs. 1 BGB-E)

§ 1776 Abs. 1 BGB-E, wonach künftig nur noch Ehegatten zu gemeinschaftlichen Vormündern bestellt werden können, begrüßen wir. Wie im bisherigen Recht fehlt indes eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Vertretungsbefugnis in einem solchen Fall. Im Rahmen der elterlichen Sorge bestimmen indes §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich die gemeinschaftliche Vertretungsbefugnis sowie die alleinige Empfangsvertretung. Wir regen an, eine entsprechende Regelung auch bei für die gemeinschaftliche Vormundschaft zu regeln bzw. auf die Norm der elterlichen Sorge zu verweisen.

 

II. Vormundbenennung (§ 1783 BGB-E)

 In § 1783 BGB-E sollte klargestellt werden, dass die Eltern eine Vormundbenennung nicht nur durch gemeinschaftliches Testament oder durch Erbvertrag treffen können, sondern jedes Elternteil eine solche Vormundbenennung durch einseitige Verfügung von Todes wegen für den Fall treffen kann, dass es der Überlebende ist. Absatz 2 sollte nur dann zur Anwendung kommen, wenn der letztversterbende Elternteil zugleich auch der sorgeberechtigte war.

 

III. Pflicht zur Übernahme der Vormundschaft (§ 1786 BGB-E) sollte gestrichen werden

Die in § 1786 BGB-E geregelte Pflicht zur Übernahme der Vormundschaft ist unseres Erachtens ein „Relikt aus alter Zeit“. Eine Person, die nicht bereit ist, die Vormundschaft zu übernehmen, ist hierfür per se ungeeignet. Außerdem enthält § 1786 BGB-E in den Sätzen 1 und 2 ein nicht lösbares Konfliktpotenzial. Zum einen soll der Vormund verpflichtet sein, die Vormundschaft zu übernehmen, zum anderen darf er erst bestellt werden, wenn er sich bereit erklärt hat. Es bleibt die Frage offen, wie das Familiengericht die Pflicht durchsetzen kann. Zumindest de facto wird das Familiengericht in solchen Fällen dazu kommen, dass die Person nicht geeignet ist, für den Minderjährigen und sein Vermögen zu sorgen.

 

C. Betreuung

I. Legaldefinition der Betreuungsverfügung in § 1820 BGB-E

1820 BGB-E enthält eine Regelung zu „schriftlichen Betreuungswünschen“ (so die amtliche Überschrift). Diese Betreuungswünsche werden in der Praxis und an anderer Stelle im BGB (§ 1908f Abs. 1 Nr. 2a BGB = § 1821 Abs. 1 Nr. 3 BGB-E) sowie im Betreuungsbehördengesetz als Betreuungsverfügung bezeichnet.[2] Wir regen daher an, im Wege eines Klammerzusatzes den Begriff der Betreuungsverfügung hinzuzufügen und damit eine Legaldefinition einzufügen, die andere gesetzliche Regelungen – wie etwa die genannten – aufnimmt.

 

II. „Freier Wille“ (§ 1814 Abs. 2 BGB-E)

In § 1814 Abs. 2 BGB-E ist der „freie Wille“ angesprochen. Nicht erst seit Immanuel Kant stellt sich die Frage, was ein „freier Wille“ ist. Ist es der „natürliche Wille“? Wenn nicht, was ist es dann? Gibt es einen freien Willen überhaupt? Hier sollte über eine mit weniger philosophischem Kontext befrachtete Begrifflichkeit nachgedacht werden. § 1816 Abs. 4 BGB-E zeigt praktikablere Wege auf.

 

III. Unklare Rechtsfolgen einer Verletzung des § 1828 Abs. 5 BGB-E

Unklar sind die Rechtsfolgen einer Verletzung des § 1828 Abs. 5 Satz 1 BGB-E, wonach niemand zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden kann. Aber auch bei Satz 2, wonach die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden darf, ist unklar, welche Folgen ein Verstoß zeitigt. Insbesondere ist unklar, wie sich ein Verstoß auf die Wirksamkeit eines geschlossenen Vertrages auswirkt. Wir regen daher an, sich bei der Formulierung am Wortlaut des § 2302 BGB zu orientieren.

 

IV. Zwangsbehandlungen (§ 1833 Abs. 7 Nr. 7 BGB-E)

Bereits im Gesetzgebungsverfahren zu § 1906a BGB haben wir darauf hingewiesen, dass die ambulante Zwangsbehandlung von Demenzpatienten, bei der diese nicht aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen werden, das mildere Mittel ist und die Verbringung derselben in ein Krankenhaus ein unverhältnismäßiger Eingriff in deren Rechte nach Art. 2 Abs. 1 und 2 GG darstellen könnte (vgl. Stellungnahme vom 3.1.2017[3]). An diesen Bedenken halten wir fest.

 

V. Vermögensverzeichnis (§ 1837 BGB-E)

 Der Betreuer hat – verkürzt dargestellt – nach § 1837 Abs. 1 BGB-E ein Vermögensverzeichnis zu erstellen. Nach Abs. 2 zieht er hierzu eine zuständige Behörde, einen zuständigen Beamten, Notar, Sachverständigen oder Zeugen hinzu, soweit dies erforderlich und angemessen ist oder wenn das Betreuungsgericht dies anordnet. Das Betreuungsgericht kann nach Abs. 3 auch anordnen, dass das Verzeichnis durch eine zuständige Behörde, einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird, wenn das vom Betreuer eingereichte Vermögensverzeichnis ungenügend ist.

Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der bisherigen Norm in § 1802 BGB. In der notariellen Praxis haben die Regelungen in Abs. 2 und 3 bislang eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Häufiger tritt in der Praxis das „weitläufig verwandte“ notarielle Nachlassverzeichnis auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten auf. Hierzu gibt es mittlerweile eine schwer zu überblickende Kasuistik der Rechtsprechung, welche Pflichten der Notar zur „Ermittlung“ des Sachverhalts hat.[4]

Der notariellen Praxis und der Praxis der weiteren von § 1837 Abs. 2 und 3 BGB-E genannten Stellen würde es helfen, wenn der Gesetzgeber in Verfahrensgesetzen regeln würde, welche Befugnisse die Amtspersonen bei der Erstellung derartiger Verzeichnisse haben (insbesondere Auskunftsrechte) und welchen Pflichten sie hierbei unterliegen. Wir regen daher an, entsprechende verfahrensrechtliche Regelungen zu treffen.

 

D. Schenkungsverbot (§ 1839 BGB-E)

Die Anpassung des Schenkungsverbot für Betreuer in § 1839 BGB-E im Vergleich zum bisherigen § 1908i Abs. 2 BGB durch Hinzufügung des „mutmaßlichen Willens“ ist aus unserer Sicht sachgerecht. Wie in der dazugehörenden Begründung ausgeführt wird, kommt dem Willen des Betreuten eine ganz entscheidende Bedeutung zu. Dies gebietet auch die Abweichung vom strengeren Schenkungsverbot des § 1804 BGB, wobei Schenkungen aus dem Vermögen eines Minderjährigen im Unterschied zum Betreuungsrecht wohl ohnehin nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.

Der Formulierung dieses Schenkungsverbots kommt dabei eine über die eigentliche Betreuung hinausreichende große Bedeutung zu, da fast alle Formular-Vorsorgevollmachten (im Unterschied zu den individuell beratenen Vollmachten, die üblicherweise viel weitreichendere Schenkungen vorsehen) Schenkungen nur in dem Rahmen erlauben, „der einem Betreuer rechtlich gestattet ist“.[5]

Formell dürfen wir darauf hinweisen, dass durch das in § 1839 BGB-E selbständig formulierte Schenkungsverbot im Unterschied zum früheren Verweis des §§ 1908i BGB auf § 1804 BGB nun keine generelle Ausnahme mehr für Anstandsschenkungen und Schenkungen gilt, die einer sittlichen Pflicht entsprechen. In aller Regel wird man diese Schenkungsarten unter die Ausnahme des § 1839 Satz 2 BGB-E subsumieren können. Es würde sich aber eventuell empfehlen, zumindest in der Gesetzesbegründung eine kurze Erläuterung aufzunehmen, dass man diese Schenkungsarten nicht zusätzlich speziell erwähnt, weil diese immer auch unter die Regelung des § 1839 Satz 2 BGB-E fallen.

Inhaltlich sollte im Zusammenhang mit der Neuformulierung des Schenkungsverbots beachtet werden, dass dieses in der Praxis eine sehr problematische Regelung ist, da er die Nichtigkeit sowohl des Verpflichtungs- als auch des Verfügungsgeschäfts zur Rechtsfolge hat. Das Verbot ist dabei auch bei teilentgeltlichen Geschäften uneingeschränkt anwendbar, sogar dann, wenn das Betreuungsgericht aus anderen Gründen, wie z. B. bei einer Verfügung über Immobilien, das Geschäft geprüft und eine Genehmigung erteilt hat.[6]

Dabei stellt das Gesetz an den juristischen Laien als Betreuer schon bei typischen Geld- oder Sachspenden erhebliche Anforderungen, die genauen Grenzen des § 1839 BGB-E zu ermitteln und zu beachten. Aus unserer Sicht sollte daher eine allgemeine Möglichkeit geschaffen werden, über die Grenze des § 1839 Satz 2 BGB-E hinaus, eine Schenkung durch das Betreuungsgericht wirksam genehmigen zu lassen. Aus unserer Sicht wäre eine solche Regelung auch nicht „zwangsläufig mit einer betragsmäßigen Begrenzung verbunden, ab welcher Summe eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist“, wie im Entwurf der Gesetzesbegründung ausgeführt wird. Denn zum einen würde es zunächst dem Betreuer obliegen, ob er (überhaupt) vorsorglich eine Genehmigung beantragt; dies wird er sicherlich nicht tun, wenn er überzeugt ist, im Rahmen des nach § 1839 Satz 2 BGB-E Zulässigen zu bleiben. Zum anderen hätte auch das Gericht die Möglichkeit, bei eindeutig nicht-genehmigungspflichtigen Schenkungen, ein Tätigwerden abzulehnen. Grundsätzlich wird aber das Gericht mehr Erfahrung haben, die Grenzen des § 1839 Satz 2 BGB-E sachgerecht auszulegen, und man „vertagt“ in Grenzfällen nicht das Problem auf einen etwaigen späteren Zivilrechtsstreit über die Frage, ob die Schenkung nichtig war.

Vorteil einer solchen generellen Genehmigungsmöglichkeit wäre auch, dass das Schenkungsverbot nicht automatisch zur Nichtigkeit sondern nur zur schwebenden Unwirksamkeit des Geschäfts führt. Denn es muss beachtet werden, dass gerade im Betreuungsrecht nicht selten zeitnah der Erbfall eintritt (zum Teil noch während des Genehmigungsverfahrens) und der/die Erben dann durchaus bereit sind, eine Schenkung des Betreuers zu genehmigen. Auch wenn sie das Geschäft ggf. nachträglich neu vornehmen könnten, können an der Wirkung ex tunc erhebliche rechtliche und finanzielle Folgen hängen.

Darüber hinaus bereitet das Schenkungsverbot in der notariellen und betreuungsrechtlichen Praxis Probleme, wenn die Verfügung über ältere Rechte an einem Grundstück betroffen ist.

Beispiel:

Der Betreute hatte seine Immobilie bereits früher an ein Kind übergeben und sich dabei ein Wohnungsrecht und ein bedingtes Rückforderungsrecht, das er im Fall der Veräußerung oder Belastung der Immobilie durch das Kind oder dessen Vorversterbens ausüben könnte, vorbehalten. Nachdem der Betreute aufgrund Pflegebedürftigkeit nicht mehr selbst in der Immobilie wohnen kann, sollen seine Rechte (1) gelöscht werden, weil die Wohnung veräußert werden soll/muss, oder (2) im Rang hinter eine Grundschuld zurücktreten, da die Wohnung vor einer Vermietung mit Hilfe eines Bankkredits umfassend renoviert werden muss.

Nach ganz h. M. umfasst das Schenkungsverbot auch den Verzicht auf Rechte, den Verzicht auf Sicherheiten (also auch nur die Löschung einer Grundbuchsicherheit ohne Verzicht auf das materielle Recht) und unter Umständen auch die Verschlechterung einer Sicherheit (wie den Rangrücktritt).[7] Die betreuungsrechtliche Praxis muss also im Zuge der ohnehin erforderlichen Genehmigung nach § 1852 BGB-E auch die Voll-Entgeltlichkeit dieser Verfügung prüfen, da die Nichtigkeits-Folge des § 1839 BGB-E nicht durch die betreuungsgerichtliche Genehmigung „geheilt“ wäre. Dies setzt jedoch – ggf. unter Missachtung des feststellbaren oder mutmaßlichen Willens des Betreuten (der hier nicht maßgeblich ist, weil § 1839 Satz 2 BGB-E mit der Begrenzung auf Gelegenheitsgeschenke nie anwendbar sein wird) – einen erheblichen Aufwand und Unsicherheiten voraus. Bei dem genannten Beispiel stellt sich u. a. die Frage, wie der Wert des bedingten Rückforderungsrechts zu bemessen ist – zwischen „0“, weil es nur ein unwahrscheinlich eintretendes Recht ist, oder 100 %, weil im Fall des Eintritts der Bedingung die ganze Immobilie zurückverlangt werden könnte? Zudem werden dazu häufig von Gerichten aufwendige Gutachten verlangt.

Wenn man nicht ohnehin eine generelle Genehmigungsmöglichkeit für Schenkungen schaffen will, sollte daher zumindest eine Ausnahmeregelung geschaffen werden, dass das Schenkungsverbot mit seiner Nichtigkeitsfolge dann nicht eingreift, wenn die Verfügung aus anderen genehmigungspflichtigen Gründen (insb. nach § 1852 BGB-E) betreuungsgerichtlich genehmigt wurde. Zudem empfehlen wir, hierbei klarzustellen, dass auch bei solchen Genehmigungen im Rahmen der Bemessung der Gegenleistung der feststellbare oder mutmaßliche Wille des Betreuten zu berücksichtigen ist.

 

E. Genehmigungserfordernisse

I. Genehmigungen im Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften (§ 1852 BGB-E)

1. „Vereinfachung“ der Überschrift des § 1852 BGB-E führt zu einem Verlust an Genauigkeit

 Im Vergleich zu § 1821 BGB wurden aus der Überschrift des § 1852 BGB-E die Schiffsbauwerke gestrichen. Die Begründung des Entwurfs spricht in diesem Zusammenhang von einer Vereinfachung (S. 213 des Entwurfs). Tatsächlich handelt es sich um einen unnötigen Verlust an Genauigkeit, da die Vorschrift nebeneinander von Grundstücken, Schiffen und Schiffsbauwerken spricht (letztere also keine „Schiffe“ sind) und nicht ersichtlich ist, warum willkürlich einer der drei Gegenstände gestrichen werden sollte.

 

2. Erfasste Tatbestände

Grundsätzlich ist zu erwägen, in § 1852 BGB-E die Rechtsgeschäfte zu regeln, die zu einer Änderung im Grundbuch oder vergleichbaren Registern über dingliche Rechte führen (Schiffsregister, Luftfahrzeugrolle, landesrechtliche Fischereigrundbücher). Anders als bei Grundstücken sind bislang Rechte an solchen Rechten (Schiffshypotheken, Pfandrechte an Luftfahrzeugen) nicht erfasst, die Erfassung könnte aber erwogen werden für solche Rechte, die Rechten an Grundstücken gleichstehen.

 

3. Verpflichtung zum entgeltlichen Erwerb einer Forderung auf Erwerb eines Grundstücks usw. ist nicht erfasst

§ 1852 Nr. 5 BGB-E enthält im Vergleich zu der bisherigen Regelung des § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB begrüßenswerte sprachliche Klarstellungen. Inhaltlich ist die Norm unverändert.

Die Norm erfasst wie die bisherige Regelung nicht die Verpflichtung zum entgeltlichen Erwerb einer Forderung auf Erwerb eines Grundstücks, eines eingetragenen Schiffes oder eines Schiffsbauwerks. An anderen Stellen der Vorschrift wird das Genehmigungserfordernis wegen der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit auf Geschäfte betreffend bereits bestehender „Forderungen“ erstreckt, und zwar in der Nr. 2 hinsichtlich der Verfügung über eine Forderung, die auf Übertragung des Eigentums gerichtet ist, und in Nr. 3 hinsichtlich der Forderung, die auf Übertragung des Eigentums an einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk gerichtet ist. Bei Nr. 5 fehlt diese Erstreckung, obwohl sie hier ebenfalls sinnvoll sein kann. Für den Betroffenen macht es keinen Unterschied, ob der Betreuer unmittelbar durch Rechtsgeschäft einen entgeltlichen Anspruch auf Erwerb eines Grundstücks begründet oder ob er lediglich gegen Entgelt einen bestehenden Anspruch auf Erwerb eines Grundstücks erwirbt. Ob dieser Fall aber von dem Entwurfswortlaut erfasst wird, erscheint fraglich.

Beispiel:

Betreuer B schließt als gesetzlicher Vertreter für den Betreuten K einen Kaufvertrag, mit dem K verpflichtet wird, ein Grundstück zu erwerben.

Abwandlung:

Der Dritte M ist B zuvorgekommen und hat den Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen. M gerät allerdings in wirtschaftliche Schwierigkeiten und verkauft seinen Eigentumsverschaffungsanspruch an K.

In beiden Fällen ist das Schutzbedürfnis des K identisch. Ein Genehmigungsbedürfnis besteht unzweifelhaft allerdings nur für den Grundfall. In der Abwandlung ließe sich zwar argumentieren, dass K letztlich auch zum Erwerb eines Grundstücks verpflichtet wird, sicher erscheint dies aber nicht, zumal der Umkehrschluss naheliegt, dass wenn Nr. 2 diesen Fall auf Verfügungsseite ausdrücklich erwähnt, dies auf der Erwerbsseite nicht gilt.

 

4. Erwerb von Wohnungs- und Teileigentum

 a) Rechtspolitisch vertretbare Ausdehnung des Anwendungsbereichs

 Die Aufnahme des Genehmigungsvorbehalts für den dinglichen Erwerb von Wohnungs- und Teileigentum ist eine rechtspolitisch vertretbare Entscheidung mit den in der Begründung genannten Gründen, die die Rechtsprechung dazu veranlasst haben, einen solchen Erwerb als nicht rechtlich lediglich vorteilhaft einzustufen. Zwingend scheint diese Entscheidung dennoch nicht zu sein, denn möglich wäre auch wie bisher, die Prüfung in die Hände des Betreuers zu legen, ob im konkreten Fall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass relevante Haftungsrisiken bestehen.

 

b) Systematik und Verständlichkeit

Bislang führt § 1852 BGB-E zunächst die Verfügungsgeschäfte auf (Nrn. 1-3), dann die Verpflichtungsgeschäfte zu diesen Verfügungsgeschäften (Nr. 4), dann die Verpflichtungsgeschäfte zu einem entgeltlichen Erwerb (Nrn. 5) und schließlich wiederum dingliche Rechtsgeschäfte bei einem Erwerb (Nr. 6). Diese Systematik ist nicht wirklich eingängig und trägt nicht zur Verständlichkeit bei.

Aus unserer Sicht sollte überlegt werden, ob eine andere Systematik vorzugswürdig ist:

  • Eine Möglichkeit wäre, zunächst sämtliche genehmigungsbedürftigen Erfüllungsgeschäfte aufzuführen und sodann die Verpflichtungsgeschäfte. In diesem Fall würde die bisherige Nr. 6 zu Nr. 4. Das hätte den Nachteil, dass zwischen den Nummern für die Verfügungen (Nrn. 1-3) und der zugehörigen Nummer für das Verpflichtungsgeschäft (bisher Nr. 4) ein Tatbestand zwischengeschoben würde.
  • Möglich wäre daher auch, Nr. 6 schlicht zu Nr. 5 zu machen. Dann kämen systematisch zunächst die dinglichen Verfügungsgeschäfte (Nrn. 1-3), danach die dazu gehörenden Verpflichtungsgeschäfte (Nr. 4), danach der dingliche Erwerb (Nr. 5) und die dazu gehörenden sowie weitere Verpflichtungsgeschäfte.
  • Vorzugswürdig erscheint uns indes eine am BGB orientierte Sortierung, d. h. zunächst würden die Verpflichtungsgeschäfte genannt, dann die Verfügungsgeschäfte und sodann der dingliche Erwerb.

 

c) Sprachliche Verbindung mit „und“ und „soweit“

Die Nummern in § 1821 Abs. 1 BGB (die § 1852 Nrn. 1-5 BGB entsprechen) sind bisher jeweils mit Semikola abgegrenzt. Die Nummern in § 1822 BGB hingegen mit Kommata. Der Entwurf geht nun dazu über, einheitlich die Genehmigungstatbestände als sprachliche Aufzählung mit Kommata und (vor der letzten Nummer mit) einem „und“ zu verbinden. Das ist zu begrüßen.

Einen kleinen Unterschied enthält insoweit § 1852 BGB-E. Die Nr. 4 endet mit „sowie“, die folgende Nr. 5 dann mit einem „und“. Wir gehen davon aus, dass die damit bewirkte sprachliche Separierung der Nummern 1-4 von den Nummern 5-6 lediglich die Trennung von Verfügungstatbeständen und Erwerbstatbeständen verdeutlichen sollte. In diesem Sinne ist die sprachliche Änderung unproblematisch. Denn das Konkurrenzverhältnis zwischen den Normen sollte weiterhin unproblematisch sein. Würde man dem Vorschlag folgen, die Reihenfolge wie oben unter b) zur Diskussion gestellt umzusortieren, müsste man dies auch anpassen.

 

5. Genehmigungsbedürftigkeit von Verfügungen über Grundpfandrechte sowie Verpflichtungen hierzu

Wie bereits nach geltender Rechtslage sind Verfügungen über Grundpfandrechte sowie Verpflichtungen hierzu nicht genehmigungspflichtig, sofern das Rechtsgeschäft von den Eltern vorgenommen wird (§ 1643 Abs. 2 BGB-E).

Im Vormundschafts- und Betreuungsrecht sind die entsprechenden Tatbestände dagegen weiterhin genehmigungsbedürftig. Das wird durch die Streichung des Abs. 2 in § 1821 BGB-E (als „Vorgängerparagraph“ des § 1852 BGB-E) und die im Entwurf geschilderten entsprechenden Anpassungen nunmehr viel deutlicher und ist aus unserer Sicht zu begrüßen. Dies wird zu einer wesentlichen Vereinfachung in der Handhabung des Gesetzes führen (kein kompliziertes [und unnötiges] Regel-Ausnahme-Verhältnis mehr).

Allerdings stellt sich die Frage, ob nicht insofern ein Gleichlauf auch bei der elterlichen Vertretung gelten sollte. Grundsätzlich erscheint die Interessenlage vergleichbar, so dass es nicht einleuchtend erscheint, aus welchem Grund Verfügungen über Grundpfandrechte sowie Verpflichtungen hierzu bei der elterlichen Vertretung ausgenommen werden, bei den übrigen Fällen der Vertretung des Abschnitts 3 aber eine solche Genehmigungspflicht bestehen soll. Im Sinne einer einheitlichen Behandlung sollte überlegt werden, ob eine Genehmigungspflicht auch bei der elterlichen Vertretung eingeführt werden sollte.

 

II. Genehmigungen im Zusammenhang mit Nachlasssachen (§ 1853 BGB-E)

1. Begrüßenswerte Konzentration der nachlassrechtlichen Genehmigungstatbestände

Die Zusammenfassung aller bisher im Nachlassrecht verstreut geregelten Genehmigungspflichten in einem Paragrafen ist sinnvoll und vereinfacht die bisher zum Teil schwer zu lesenden Regelungen mit zahlreichen Verweisungen.

Relevante praktische Bedeutung werden von den Genehmigungspflichten des § 1853 BGB-E nur die Ausschlagung der Erbschaft und die Erbteilungsverträge (§ 1853 Nr. 1 BGB-E) sowie die Erbanteilsübertragungen (§ 1853 Nr. 2 und 3 BGB-E) haben. Allerdings beinhalten die anderen Fälle so gravierende Auswirkungen, dass diese auch weiterhin im bisherigen Umfang der Genehmigungspflicht unterstellt sein sollten.

 

2. Erbauseinandersetzung statt Erbteilung

§ 1853 Nr. 1 BGB-E verwendet wie § 1822 Nr. 2 BGB den Begriff des „Erbteilungsvertrags“. Dieser Begriff ist im BGB singulär. Gemeint ist der Vertrag zwischen den Erben zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach § 2042 BGB.[8] Diese Begrifflichkeit wird auch in Verfahren in Teilungssachen nach §§ 363 ff. FamFG verwendet. Entsprechend wird anknüpfend an die gesetzlichen Normen in der Vertragspraxis üblicherweise auch der Begriff des Erbauseinandersetzungsvertrags verwendet. Wir regen daher an, den Begriff des Erbteilungsvertrags zu ersetzen durch den Begriff des Erbauseinandersetzungsvertrags.

 

3. Abschichtungsvereinbarungen

Bei der Genehmigungspflicht von Erbteilungsverträgen bzw. Erbanteilsübertragungen empfiehlt es sich aus unserer Sicht, auch die sog. Abschichtungsvereinbarung ausdrücklich zu regeln. Die Rechtsprechung bezieht diese aufgrund der vergleichbaren Risikolage zwar schon in die betreuungsrechtliche Genehmigungspflicht ein, allerdings im Wege einer analogen Anwendung der Genehmigungspflicht von Erbteilungsverträgen.[9] Da eine Analogie aber eine planwidrige Gesetzeslücke voraussetzt, sollte dies bei einer Gesetzesneufassung ausdrücklich geregelt werden.

Dabei empfiehlt es sich aber, die – grundsätzlich sachgerechte – Ausnahme, dass ein Erbteilungsvertrag durch sorgeberechtigte Eltern keiner Genehmigung bedarf (§ 1643 Abs. 3 Satz 2 BGB-E), nicht auch analog für Abschichtungsvereinbarungen gelten zu lassen.[10] Denn eine solche Abschichtungsvereinbarung könnte auch einen Nachlass, zu dem Immobilien, Handelsgeschäfte o. Ä. gehören, genehmigungsfrei umfassen, weil dabei weder eine Verfügung über Nachlassgegenstände noch im rechtlichen Sinne eine Erbanteilsübertragung erfolgt. Im Unterschied zum eigentlichen Erbteilungsvertrag über Immobilien oder Erwerbsgeschäfte bzw. der Erbanteilsübertragung, die jeweils auch für sorgeberechtigte Eltern nach §§ 1852, 1853 Nr. 2, 3 bzw. 1854 BGB-E genehmigungspflichtig sind, würden diese Genehmigungspflichten bei einer Abschichtungsvereinbarung zumindest dem Wortlaut nach nicht eingreifen, obwohl die abstrakte Risikoabwägung bezüglich des Kindes gleich ist.

Da die Abschichtungsvereinbarung vom rechtlichen Charakter ohnehin der Erbanteilsübertragung näher steht als dem Erbteilungsvertrag, empfehlen wir daher § 1853 Nr. 3 BGB-E zu ergänzen und wie folgt zu fassen:

3. zu einer Verfügung über den Anteil des Betreuten an einer Erbschaft und zu einer Vereinbarung, mit der der Betreute aus der Erbengemeinschaft ausscheidet (Abschichtung),

Zugleich wäre dadurch klargestellt, dass die Ausnahme für sorgeberechtigte Eltern in § 1643 Abs. 3 Satz 2 BGB-E, die sich vom Wortlaut nur auf Erbteilungsverträge im Sinne des 1853 Nr. 1 BGB-E und nicht auf Erbanteilsübertragungen im Sinne des § 1853 Nr. 2 und 3 BGB-E bezieht, auf diesen speziellen Vertragstypus keine Anwendung findet.

 

4. Genehmigungspflicht bei Ausschlagung der Erbschaft (§1853 Nr. 1 BGB-E und § 1643 Abs. 3 BGB-E)

Bezüglich der Genehmigungspflicht bei Ausschlagung der Erbschaft dürfen wir auf eine aus unserer Sicht korrekturwürdige Rechtsprechungsentwicklung hinweisen und einen Regelungsvorschlag im Zusammenhang mit der weiteren Ausarbeitung des Gesetzentwurfs machen:

 

a) „selektive Ausschlagung“ durch sorgeberechtigte Eltern

Erhebliche praktische Bedeutung hat die Rückausnahme des bisherigen § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB (im Entwurf nun Abs. 3), dass die Ausschlagung der sorgeberechtigten Eltern im Namen ihres minderjährigen Kindes keiner Genehmigung bedarf, wenn das Kind nur aufgrund der vorangegangenen Ausschlagung eines selbst erbberechtigten Elternteils Erbe wurde. Im Regelfall betreffen solche kumulativen Ausschlagungen einen überschuldeten Nachlass.

In der Praxis nehmen aber auch Fälle zu, in denen werthaltige Nachlässe ausgeschlagen werden, insb. um diese bestimmten anderen Personen zukommen zu lassen. Die Gründe dafür sind vielfältig, z. B. um einem nicht korrekt in Testamentsform niedergelegten Wunsch des Erblassers zu entsprechen oder bei gesetzlicher Erbfolge den Ehegatten des Erblassers zum Alleineigentümer zu machen. Außerdem spielen dabei auch schenkung- und erbschaftsteuerliche Gründe eine zunehmende Rolle, z. B. dass Eltern im Wege der Ausschlagung Nachlassvermögen zu ihren Kindern „durchleiten“, wenn die eigenen Steuerfreibeträge bereits verbraucht sind. Da es sich bei § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB um eine typisierte Ausnahmevorschrift handelt, darf deren Anwendung nach ganz h. M. grundsätzlich auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob es sich um überschuldete oder werthaltige Nachlässe handelt bzw. wer von der Ausschlagung „profitiert“.[11]

Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung jedoch in den Fällen, in denen Eltern die Erbschaft im eigenen Namen und zugleich für eines von mehreren minderjährigen Kindern ausschlagen, im Namen eines anderen Kindes aber annehmen (sog. selektive Ausschlagung).[12] Begründet wird dies mit den Motiven des ursprünglichen Gesetzgebers, dass die Rückausnahme des § 1643 BGB nur für Fälle einer gleichgelagerten Interessenlage von Eltern und Kindern konzipiert gewesen sei. Diese Annahme sei aber für das Nachlassgericht ohne weitere Prüfung erkennbar widerlegt, wenn der Nachlass in eine bestimmte Richtung gelenkt werde. Eine solche gezielte Maßnahme, durch die ein Kind unter mehreren „benachteiligt“ werde, dürfe daher nicht der Kontrolle des Familiengerichts entzogen sein.[13]

Beispiel:

Zum Nachlass gehört ein Unternehmen in Rechtsform der Personengesellschaft. Deren Gesellschaftsvertrag enthält eine qualifizierte Nachfolgeklausel, aufgrund derer nur erstgeborene Söhne Nachfolger werden können. Die Erbin (Tochter des Erblassers) hat drei Kinder, darunter einen Sohn S. Sie will das Erbe für sich und ihre anderen beiden Kinder ausschlagen. S soll seine Geschwister bzw. T entsprechend abfinden und im Ergebnis im Wesentlichen daher den Anteil am Unternehmen behalten.

Diese Rechtsprechung, die von der wohl h. Lit. abgelehnt wird,[14] führt zwar scheinbar „nur“ zur Ausgangssituation, dass die Ausschlagung im Namen des Kindes der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf. Im Ergebnis beinhaltet sie aber ein faktisches Verbot einer selektiven Ausschlagung. Denn zur Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Ausschlagung käme das Gericht erst, wenn zuvor der vorrangig erbberechtigte Elternteil ausgeschlagen hat, was zwingend ohne Bedingung erfolgen muss. Und bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit dürfte dann das Gericht nicht mehr die Gesamt-Interessen der Eltern für beide Ausschlagungen bewerten, sondern müsste ausschließlich die Sichtweise des „benachteiligten“ Kindes bei der zweiten Ausschlagung einnehmen. Im Ergebnis müssten also die ausschlagenden Eltern sicher davon ausgehen, dass mit ihrer unbedingten Ausschlagung – entgegen ihrer Gesamtplanung – alle Kinder zu gleichen Teilen Erben werden.

Dieses faktische Verbot kontrastiert damit, dass die Eltern praktisch genau das gleiche Ergebnis, das die Rechtsprechung bei der selektiven Ausschlagung der Genehmigungspflicht unterstellt, genehmigungsfrei erreichen können, wenn der erbberechtigte Elternteil die Erbschaft zunächst annimmt und sodann im Wege der Erbanteilsübertragung auf das Kind überträgt, das nach seiner Gesamtplanung den Nachlass erhalten soll. Im Ergebnis schützt die Rechtsprechung also nicht das „benachteiligte“ Kind, sondern v. a. Dritt-Interessen, die Vorteile aus dem kurzen Durchgangserwerb beim erbberechtigten Elternteil ableiten können (z. B. Gläubiger der Eltern, andere erbberechtigte Abkömmlinge bei der Pflichtteilsergänzung), und natürlich das höhere Aufkommen der Erbschaft-/Schenkungsteuer, wenn der gleiche Nachlass auf diesem Weg zweimal vererbt und übertragen wird.[15]

Demgegenüber ist das Kind, in dessen Namen ausgeschlagen wird, nie wirklich „benachteiligt“, wenn man den Gesamtplan der Eltern zu Grunde gelegt. Denn seine vermeintlich im Genehmigungsverfahren zu prüfende Rechtsstellung entsteht ja ausschließlich dadurch, dass zuvor die Eltern ihr Erbe freiwillig nicht angetreten haben. Lediglich mittelbar könnte das Kind im Rahmen eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs etwas besser geschützt sein, wenn Eltern die Erbschaft zunächst annehmen und dann sofort weiter übertragen. Allerdings dürften diese Fälle in der Praxis sehr selten sein, da Eltern mit minderjährigen Kindern meist noch jung sind und in den meisten Fällen noch zehn Jahre leben werden, so dass die Pfichtteilsergänzung nach § 2325 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sein wird. Außerdem rechtfertigt dieser mittelbare Vorteil nicht überzeugend, warum nur die selektive Ausschlagung innerhalb mehrerer minderjähriger Kinder „verboten“ ist, die Ausschlagung zu Gunsten anderer volljähriger Personen (wie z. B. der Witwe des Erblassers, einem anderen Familienstamm oder bereits volljähriger Abkömmlinge) aber ohne weiteres zulässig ist.

Wir empfehlen daher, § 1643 Abs. 3 BGB-E um folgenden Satz 2 zu ergänzen (der bisherige Satz 2 wird dann zu Satz 3):

Dies gilt unabhängig davon, wem die Erbschaft durch die Ausschlagung anfällt, sofern dies nicht wiederum der ausschlagende Elternteil ist.

Mit dem 1. Halbsatz dieses Zusatzes würde klargestellt, dass die Rechtsprechung zur selektiven Ausschlagung und vereinzelte Stimmen in der Literatur, die sich für eine weitergehende Gerichtskontrolle bei werthaltigen Nachlässen aussprechen, keine gesetzliche Grundlage haben. Mit dem 2. Halbsatz würde umgekehrt die – aus unserer Sicht zutreffende – Rechtsprechung bestätigt, dass Eltern nicht die gewillkürte Erbfolge im eigenen Namen und im Namen des Kindes nur deshalb ausschlagen können, um sodann wieder selbst den Nachlass im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge anzunehmen.[16]

 

b) Fristwahrung bei Genehmigungspflicht

Die Einhaltung der ohnehin knappen Ausschlagungsfrist von sechs Wochen bereitet den Beteiligten in dem Fall, dass eine betreuungs- oder familiengerichtliche Genehmigung eingeholt werden muss, regelmäßig erhebliche Probleme:

Ist zur Ausschlagung die Genehmigung des Gerichts erforderlich, müsste diese eigentlich gemäß § 1831 BGB bereits vor der Erklärung der Ausschlagung eingeholt werden. Zur Wahrung der Ausschlagungsfrist reicht es jedoch nach h. M. aus, dass die Ausschlagung erklärt wird und dazu die Genehmigung innerhalb der Ausschlagungsfrist zumindest beantragt wurde. Die unvermeidbare Verzögerung durch das Genehmigungsverfahren wird dann als Fall der höheren Gewalt gemäß § 206 BGB behandelt.[17] Allerdings endet die Hemmung des § 206 BGB mit der Bekanntmachung der Genehmigung an den gesetzlichen Vertreter, d. h., ab diesem Zeitpunkt läuft der Rest der Ausschlagungsfrist ab (§ 209 BGB). Der Vertreter muss also innerhalb der dann noch verbleibenden Ausschlagungsfrist nochmals tätig werden, indem er selbst von der Genehmigung Gebrauch macht und diese dem Nachlassgericht mitteilt.[18] Dies gilt selbst dann, wenn es sich beim Betreuungs- und Nachlassgericht um Abteilungen des gleichen Amtsgerichts handelt.

Dieses Verfahren ist aus unserer Sicht nicht sachgerecht. Zum einen ist es schon in gewisser Weise befremdlich, wenn ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren, das zeitlich praktisch nie in der Ausschlagungsfrist abgeschlossen werden kann, unter die – eigentlich für seltene Ausnahmefälle wie den „Stillstand der Rechtspflege“ gedachte – Klausel der „höheren Gewalt“ des § 206 BGB subsumiert wird. Zum anderen beinhalt die Hemmungsregel des § 206 BGB erhebliche Anforderungen an die Beteiligten, indem die Hemmung schon bei leichter Fahrlässigkeit verwirkt werden kann und Rechtsirrtümer und Ähnliches keine Entschuldigungsgründe darstellen. Dies korrespondiert mit dem für Beteiligte kaum mehr verständlichen Verfahren, dass eine Ausschlagung zunächst bei zwei Gerichten/Gerichtsabteilungen und sodann nochmals – möglicherweise sogar innerhalb einer extrem kurzen verbleibenden Zeit – aktiv bei einer anderen Abteilung des Gerichts zur Verwendung eingereicht werden muss. Schließlich sind mit diesem Verfahren auch erhebliche Unsicherheiten verbunden, wann genau die Fristen jeweils laufen bzw. gehemmt sind, die dann nur mit einem stark erhöhten Ermittlungsaufwand des Nachlassgerichts überprüft werden können.

Wir regen daher an, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine geeignete Fristenregelung zu schaffen, die z. B. so ausgestaltet sein könnte, dass

  • der gesetzliche Vertreter die maßgebliche Ausschlagungserklärung innerhalb der gesetzlichen Ausschlagungsfrist beim Nachlassgericht erklärt bzw. eingereicht und innerhalb dieser Frist beim Familien- bzw. Betreuungsgericht die Genehmigung beantragt haben muss sowie
  • ihm nach Erteilung der rechtskräftigen Genehmigung eine eigenständig festgelegte Frist (von z. B. vier Wochen) eingeräumt wird, innerhalb derer er dem Nachlassgericht die Genehmigung zur endgültigen Verwendung mitgeteilt haben muss.

Noch einfacher und vorzugswürdiger wäre aus unserer Sicht für den Fall der Ausschlagung darauf zu verzichten, dass der gesetzliche Vertreter nochmals selbst die Genehmigung zu verwenden hat, um die Ausschlagung endgültig wirksam werden zu lassen. Stattdessen könnte geregelt werden, dass das Familien- bzw. Betreuungsgericht die rechtskräftig erteilte Genehmigung unmittelbar dem Nachlassgericht mitteilt. Dies würde den Beteiligten das kaum verständliche doppelstufige Verfahren ersparen und zur Beschleunigung bei der Ermittlung der tatsächlichen Erbfolge beitragen. Die sorgeberechtigten Eltern bzw. der Betreuer könnten dabei den Antrag auf Genehmigung bis zur Erteilung zurücknehmen. Im Übrigen wird es vermutlich bei einer Ausschlagung kaum je eine Situation geben, in der sich der gesetzliche Vertreter nach Erteilung aber vor der Verwendung der Genehmigung umbesinnt und die Genehmigung nicht mehr verwenden will. Sollten sich neue Tatsachen (wie z. B. das spätere Bekanntwerden positiven Vermögens) ergeben, käme außerdem die spätere Anfechtung der Ausschlagung in Betracht.

 

III. Genehmigung für Rechtsgeschäfte im Handels- und Gesellschaftsrecht (§ 1854 BGB-E)

1. Wortlaut des § 1854 Nrn. 1 und 3 BGB-E und geltende Rechtslage

Es zu begrüßen, dass § 1854 Nr. 1 BGB-E sprachlich klarstellt, dass sich die Genehmigungspflicht bei einem Erwerb oder der Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts nur auf das Verpflichtungsgeschäft bezieht.[19] Zudem wird der Tatbestand durch die Ausgliederung des Tatbestands der Eingehung eines Gesellschaftsvertrags in § 1854 Nr. 2 BGB-E sprachlich entzerrt und leichter verständlich.

Bei diesen Klarstellungen sollte es aber nicht bleiben. § 1822 Nr. 3 BGB ist seit Inkrafttreten des BGB am 1.1.1900 unverändert. Seither haben sich die Lebenswirklichkeit sowie die Rechtslage im Handels- und Gesellschaftsrecht stark verändert. Der Gesetzgeber sollte daher die Chance nutzen und dafür sorgen, dass die geltende Rechtslage im Gesetz abgebildet wird.

Ein Erwerbsgeschäft ist nach der Definition der Rechtsprechung jede auf Dauer angelegte, berufsmäßig mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte, auf selbständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit.[20] Selbst unter Zugrundelegung dieser Definition legt der Wortlaut bei unbefangener Betrachtung eigentlich nahe, dass nur ein einzelkaufmännisches Unternehmen gemeint ist. Tatsächlich geht die derzeit geltende Rechtslage weit darüber hinaus:

  • Beteiligungen an einer GbR, OHG und KG sind erfasst.[21] Das gilt auch für eine bloße Kommanditbeteiligung.[22]
  • Auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) sind „jedenfalls“ erfasst, wenn die Beteiligung eines Minderjährigen 50% übersteigt oder nur Minderjährige an der Gesellschaft beteiligt sind.[23]
  • Demgegenüber sind „bloße Kapitalinvestitionen“ nicht erfasst;[24] eine solche liegt z. B. bei einer geringeren als der o. g. Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft vor.

Nicht ganz geklärt ist, ob Beteiligungen an vermögensverwaltenden Gesellschaften genehmigungsbedürftig sind.[25] Ebenfalls ungeklärt ist, ob der unentgeltliche Erwerb[26] – entgegen dem Wortlaut – genehmigungsbedürftig ist.[27]

 

2. Abbildung der Rechtslage im Wortlaut, insbesondere bei Beteiligungen an Gesellschaften

Die skizzierte Rechtslage kommt im derzeitigen Gesetzeswortlaut nur unvollständig zum Ausdruck. Das gilt bereits für die grundlegende Frage, ob Beteiligungen an Gesellschaften erfasst sind. Denn an sich betreiben (rechtsfähige) Gesellschaften selbst das Erwerbsgeschäft, der Minderjährige bzw. der Betreute erwirbt/veräußert lediglich eine Beteiligung an dieser Gesellschaft, nicht am Erwerbsgeschäft selbst.

Bei Personenhandelsgesellschaften ist insofern zuzugeben, dass bei diesen nach der (bisherigen) Rechtsprechung die (bei der KG persönlich haftenden) Gesellschafter selbst Kaufleute sind, weil sie die eigentlichen Unternehmensträger sind[28] (diese Rechtsprechung wird allerdings als überholt kritisiert, weil sie sich über die Trennung von Gesamthand und Gesellschafter hinwegsetze[29]). Zudem kann bei (persönlich haftenden) Gesellschaftern einer GbR, OHG und KG dem Gesetz mittelbar noch entnommen werden, dass auch bei einer entsprechenden Beteiligung hieran insoweit ein Erwerb/eine Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts vorliegt. Das ergibt sich aus § 723 Abs. 1 Satz 5 BGB, wonach das Recht des volljährig Gewordenen zur Kündigung der BGB-Gesellschaft ausgeschlossen ist, wenn er zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts nach § 112 BGB ermächtigt war. Diese Regelung setzt implizit voraus, dass auch die Beteiligung – in dem Fall eines Minderjährigen – an einer Personengesellschaft unter den Begriff des „Erwerbsgeschäfts“ fällt. Diese Argumentation versagt aber bereits bei Kommanditisten. Bei Kapitalgesellschaften ist es wegen des Trennungsprinzips dann augenfällig, dass die Gesellschafter kein Erwerbsgeschäft, sondern eine Beteiligung an einer juristischen Person erwerben bzw. veräußern.

Der Anwendungsbereich der Norm wird daher jedenfalls in Bezug auf Beteiligungen an Gesellschaften durch Schutzbedürftigkeitsüberlegungen bestimmt. Zwar betont der BGH grundsätzlich, dass der Kreis der genehmigungspflichtigen Geschäfte um der Rechtssicherheit willen formal und nicht nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen sei.[30] Hiervon weicht der BGH aber dann ab, wenn es um „typische Sachverhalte“ geht.[31] Wegen dieser Herangehensweise ist dogmatisch auch nicht vollständig klar, ob etwa der Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich erfasst ist, weil die Rechtsform unerheblich ist,[32] so dass solche Erwerbe unterhalb der vom BGH gewählten Schwelle von 50 % nur deshalb auszuklammern sind, weil sie sich als bloße Kapitalinvestitionen darstellen. Denn möglich wäre auch zu argumentieren, dass der Erwerb solcher Beteiligungen grundsätzlich nicht vom Wortlaut erfasst ist (weil das Erwerbsgeschäft von der Gesellschaft betrieben wird), entsprechende Rechtsgeschäfte aber im Wege einer extensiven Auslegung oder gar einer Analogie der Genehmigungspflicht zu unterwerfen.[33]

Im Ergebnis sollte der Gesetzgeber klarstellen, dass auch Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften grundsätzlich tatbestandsmäßig sein können, zugleich aber die entsprechenden Ausnahmen regeln, wann eine Genehmigungspflicht nicht greift. Damit würde die Rechtssicherheit für die Beteiligten gestärkt.

  • Dabei sollte der Begriff der Tatbestand der „Beteiligung“ offen gefasst werden, um Fälle, in denen ein wirtschaftlich vergleichbares Ergebnis erzielt wird (etwa bei der stillen Gesellschaft, zumindest wenn sie atypisch ausgestaltet ist), im Einzelfall zu erfassen.
  • Die Frage, ab welcher Beteiligungshöhe das Genehmigungserfordernis greift, ist eine rechtspolitische Entscheidung. Hierbei wird man eher keine statischen Grenzen vorsehen können, weil die Gestaltung im Einzelfall dazu führen kann, dass eine für den Minderjährigen potentiell nachteilige Beteiligung vorliegt oder eben nicht. Das ginge selbstverständlich auf Kosten der Rechtssicherheit, allerdings würde eine allzu generalisierende Norm angesichts der Vielfalt der denkbaren gesetzlichen und kautelarjuristischen Gestaltungen (Wettbewerbsverbote, Nachschusspflichten, Duldung der Verwässerung, preislimitierte An- und Vorkaufsrechte Dritter, Mitverkaufspflichten etc.) dem Schutzbedürfnis der Betroffenen kaum gerecht. Die entsprechende Entscheidung – und ggf. Typenbildung, die sich bislang kaum herausgebildet zu haben scheint – würde damit der Rechtsprechung überlassen bleiben.

 

3. Begriff des Erwerbsgeschäfts

Bei einer Neuregelung könnte überlegt werden, ob der Begriff des Erwerbsgeschäfts noch zeitgemäß ist. Erwerbsgeschäft ist jede auf Dauer angelegte, berufsmäßig mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte, auf selbständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit (siehe oben 1.). Dabei ist das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht nicht einleuchtend, aber wohl durch den Begriffsbestandteil „Erwerb“ induziert. Wenn tatsächlich eine mangelnde Gewinnerzielungsabsicht etwa auf Ebene einer Personengesellschaft eine Genehmigungsbedürftigkeit entfallen ließe, hätte dies merkwürdige Konsequenzen. Denn ein Liebhaberei-Betrieb würde damit außerhalb des Anwendungsbereichs liegen. Würde also eine Personenhandelsgesellschaft beispielsweise aus privaten Motiven der Gesellschafter ein chronisch defizitäres Gestüt betreiben, wäre der Erwerb einer Beteiligung eines Minderjährigen hieran nicht genehmigungsbedürftig. Es ist aber kein Grund ersichtlich, weshalb der Minderjährige in einem solchen Fall weniger schutzbedürftig sein soll. Ausgehend vom Zweck der Norm, den Minderjährigen vor potenziell nachteiligen Geschäften zu schützen,[34] sollte daher die Frage der Gewinnerzielungsabsicht und der Art der Tätigkeit keine Rolle spielen. Insofern käme etwa in Betracht, an den insofern neutralen Begriff des Unternehmens anzuknüpfen.

Dabei verkennen wir nicht, dass der Begriff des Erwerbsgeschäfts auch an anderen Stellen im BGB verwendet wird:

  • im Minderjährigenrecht (§ 112 BGB mit den dazugehörigen Komplementärvorschriften §§ 723 Abs. 1 Satz 5, 1629a und 1649 BGB sowie § 1645 BGB)
  • im Besitzrecht (§ 855 BGB)
  • bei der Gütergemeinschaft im Ehegüterrecht (§§ 1431, 1440, 1442, 1456, 1462, 1464, 1561 BGB)

Typologisch vergleichbar und ebenfalls harmonisierungsbedürftig ist der Begriff des „wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs“ in §§ 21, 22 BGB.

Auch bei diesen Normen könnte überlegt werden, ob der Begriff ersetzt wird. Im Minderjährigenrecht sollten indessen wegen der Querbezüge zur Genehmigung in jedem Fall einheitliche Begrifflichkeiten gewählt werden.

 

4. Beschränkung auf entgeltliche Erwerbe sollte ggf. überprüft werden

Bei einer Revision der Norm könnte zudem darüber nachgedacht werden, inwieweit die Beschränkung auf entgeltliche Erwerbe beibehalten werden soll. Denn de lege late wird vom Wortlaut der unentgeltliche Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung nicht erfasst, der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags aber in allen Fällen. Diese Ungleichbehandlung ist auch der Grund für die teilweise angenommene Genehmigungsbedürftigkeit unentgeltlicher Erwerbe von Anteilen an Personengesellschaften[35] im Wege der Analogie.[36]

 

IV. Genehmigungspflicht für sonstige Rechtsgeschäfte

 1856 Nrn. 4 und 5 BGB-E sollten so gefasst werden, dass sie jeglichen Fall der Interzession (Einstehen für fremde Schuld) genehmigungspflichtig machen, also auch den Schuldbeitritt, die Erfüllungsübernahme, Garantien und andere Formen nichtakzessorischer Avale und konstitutive bzw. deklaratorische Schuldanerkenntnisse sowie gerichtliche Anerkenntnisse oder Geständnisse (§§ 288, 307 ZPO). Insoweit besteht das gleiche Schutzbedürfnis wie bei den bislang vom Wortlaut lediglich erfassten Fällen der Übernahme einer Verbindlichkeit und Eingehung einer Bürgschaft. Denkbar – aber wohl eher abzulehnen – wäre darüber hinaus auch die Einbeziehung des Erlasses oder des Verzichts (§ 397 BGB, 306 ZPO).

 

V. Genehmigungsverfahren

In § 1858 Abs. 2 BGB-E sollte die Frist nicht acht Wochen, sondern zwei Monate betragen. Eine solche Frist ist für die Praxis schlicht einfacher zu berechnen. Damit einher ginge zwar für den Monat Februar eine Verkürzung, diese kann aber in Kauf genommen werden.

 

Druckfassung

 

Fußnoten:

[1] Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz – BtG) vom 12.9.1990, BGBl. I 1990, S. 2002.

[2] Vgl. auch die Kommentierung im Palandt/Götz, § 1901c BGB Rn. 1, der von der schriftlichen Betreuungsverfügung spricht.

[3] Abrufbar unter https://www.dnotv.de/stellungnahmen/gesetz-zur-aenderung-der-materiellen-zulaessigkeitsvoraussetzungen-von-aerztlichen-zwangsmassnahmen-und-staerkung-des-selbstbestimmungsrechts-von-betreuten/.

[4] Siehe zuletzt hierzu Keim, ZEV 2018, 501 m. w. N.; Damm, Notarielle Verzeichnisse in der Praxis, § 2 Rn. 168 ff.

[5] Vgl. z. B. das Muster der Vorsorgevollmacht auf der Internetseite des BMJV.

[6] Palandt/Götz, § 1804 BGB Rn. 1.

[7] MüKo/Kroll-Ludwigs, § 1804 BGB Rn. 7.

[8] Vgl. MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn. 10.

[9] Vgl. OLG Hamm v. 2.8.2017 – 15 W 263/16, ZEV 2018, 32.

[10] Die Entscheidung des OLG Hamm könnte dagegen so verstanden werden, da das Gericht in seiner Begründung feststellt, dass zwar Eltern von der Genehmigungspflicht bei Erbteilungsverträgen freigestellt sind, nicht aber der Ergänzungsbetreuer.

[11] Vgl. OLG Frankfurt v. 13.4.2011 – 20 W 374/09, ZEV 2011, 597; Ivo, ZEV 2002, 309.

[12] Vgl. KG v. 13.3.2012 – 1 W 747/11, ZEV 2012, 332; OLG Hamm v. 13.12.2013 – I-15 W 374/13, NJW-RR 2014; 779; Palandt/Götz, § 1643 Rn. 2; Ivo, ZEV 2002, 309.

[13] Vgl. ausführlich Ivo, ZEV 2002, 309.

[14] Vgl. Mensch, BWNotZ 2013, 144; Litzenburger, ZEV 2012, 333; Sagmeister, ZEV 2012, 121; Baumann, DNotZ 2014, 860.

[15] Litzenburger, ZEV 2012, 333, leitet aus dieser Ungleichbehandlung zweier Wege zum gleichen Ziel, von denen nur einer faktisch unmöglich gemacht wird, sogar verfassungsrechtliche Zweifel an der Rechtsprechung ab.

[16] Vgl. OLG Frankfurt v. 2.6.1954 – 1 Wx 18/54, NJW 1955, 466.

[17] Vgl. BayObLG v. 13.1.1983 – BReg. 1 Z 27/82, BayObLGZ 1983, 9, 12; OLG Brandenburg v. 22.4.2014 – 3 W 13/14, ZEV 2014, 540, 541.

[18] Vgl. OLG Frankfurt v. 22.11.1965 – 6 W 153/65, FamRZ 1966, 259; Palandt/Weidlich, § 1944 BGB Rn. 7.

[19] Das entspricht der allgemeinen Meinung zum derzeit geltenden Gesetzestext (vgl. nur MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn. 13).

[20] BayObLG v. 6.7.1995 – 1Z BR 157/94, BayObLGZ 1995, 230; Palandt/Götz, BGB, § 1822 Rn. 5 m.w.N.

[21] Palandt/Götz, BGB, § 1822 Rn. 6.

[22] BGH v. 30.4.1955 – II ZR 202/53, NJW 1955, 1067; aus jüngerer Zeit etwa OLG Stuttgart v. 20.12.2012 – 7 U 98/12, NJOZ 2013, 1205.

[23] BGH v. 28.1.2003 – X ZR 199/99, DNotZ 2004, 152; a. A. (Genehmigungspflicht nur bei 100 %-Beteiligung) Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 15 Rn. 3.

[24] OLG Schleswig v. 28.6.2017 – 13 WF 55/17, MittBayNot 2018, 256; KG v. 20.1.1976 – 1 W 1341/75, NJW 1976, 1946; BGH v. 28.1.1957 – III ZR 155/55, BeckRS 1957, 31205599.

[25] Die wohl h. M. verneint das, so etwa OLG München v. 6.11.2008 – 31 Wx 76/08, MittBayNot 2009, 52; ablehnend dagegen Krafka/Kühn, Registerrecht, Rn. 751.

[26] Unentgeltliche Veräußerungen sind per se unzulässig (§ 1804 BGB).

[27] Für eine Genehmigungsbedürftigkeit OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.5.2008 – 20 W 123/08, DNotZ 2009, 142; Ivo, in Amend-Traut (Hrsg.), 2018: Familie und Recht, 79, 94; dagegen Damrau, ZEV 2000, 209; Herrler/Everts, GesR, § 18 Rn. 35 f.; das OLG Köln nimmt hingegen an, dass der Minderjährige in solchen Fällen regelmäßig selbst nach § 107 BGB handeln kann, weil das Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist, so dass es keines Vertreters und damit auch keiner Genehmigung bedarf (Beschluss vom 26.3.2018 – 4 Wx 2/18, RNotZ 2018, 494).

[28] BGH v. 22.9.2005 – IX ZB 55/04, NJW 2006, 917; BGH v. 2.6.1966 – VII ZR 292/64, NJW 1966, 1960.

[29] Baumbach/Hopt/Roth, HGB, § 105 Rn. 19.

[30] BGH v. 20.2.1989 – II ZR 148/88, DNotZ 1990, 303.

[31] BGH v. 28.1.2003 – X ZR 199/99, DNotZ 2004, 152.

[32] Vgl. MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn. 12; Palandt/Götz, BGB, § 1822 Rn. 6.

[33] Vgl. MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn. 17.

[34] BGH v. 28.1.2003 – X ZR 199/99, DNotZ 2004, 152.

[35] Bei GmbH-Geschäftsanteilen verneint der BGH eine Genehmigungsbedürftigkeit von unentgeltlichen Erwerben, BGH v. 20.2.1989 – II ZR 148/88, DNotZ 1990, 303.

[36] OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.5.2008 – 20 W 123/08, DNotZ 2009, 142; Ivo, ZEV 2005, 19; ders., in Amend-Traut (Hrsg.), 2018: Familie und Recht, 79, 94; Reimann, DNotZ 1999, 179, 190;

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