Der Deutsche Notarverein begrüßt ausdrücklich das mit dem Referentenentwurf vom 9. Juli 2025 verfolgte Anliegen, die Digitalisierung notarieller Verfahren konsequent weiter voranzutreiben und damit einen modernen, zukunftsfähigen Rechtsverkehr zu fördern. Der neuerliche gesetzgeberische Impuls greift das Vorhaben aus der 20. Legislaturperiode erneut auf, das seinerzeit aufgrund des Diskontinuitätsprinzips nicht weiterverfolgt werden konnte. Umso mehr ist es zu würdigen, dass das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz das Thema zügig wieder aufgegriffen und in einem überarbeiteten Entwurf erneut in den Gesetzgebungsprozess eingebracht hat.
Die geplante digitale Abwicklung von Immobilienkaufverträgen, gerichtlichen Genehmigungen und steuerlichen Mitteilungspflichten stellt einen wesentlichen Schritt dar, um die Abläufe in der notariellen Praxis effizienter und medienbruchärmer zu gestalten. Zugleich birgt die angestrebte Modernisierung der technischen Infrastruktur erhebliches Potenzial für eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Notaren, Justiz und Verwaltung sowie für die Stärkung von Transparenz, Verfahrenssicherheit und Vertrauen im Rechtsverkehr.
Besonders begrüßt wird, dass auch die steuerlichen Anzeigen nach dem Grunderwerbsteuergesetz sowie dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz künftig digital übermittelt werden sollen. Dank der hervorragenden Arbeit der Bundesnotarkammer wird ELSTER in XNP/XNotar implementiert werden, sodass sich die Nutzung von ELSTER auf Anwenderseite in den Notariaten nicht negativ auswirken wird.
Erfreulich ist zudem, dass der aktuelle Entwurf im Vergleich zur Fassung der 20. Legislaturperiode an mehreren zentralen Punkten weiterentwickelt wurde. Zahlreiche Anregungen aus der Praxis, unter anderem auch des DNotV, wurden aufgegriffen und in die Formulierungen eingearbeitet.
Der DNotV sieht jedoch während der Übergangsphasen bis zu einer vollständigen Digitalisierung des elektronischen Notar-Verwaltungs-Austauschs und einer bundesweiten Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Grundbuchämtern, sowie wegen steigender Anforderungen einen spürbaren Mehraufwand für Notare. Wir regen grundsätzlich an, dass Vorhaben der digitalen Transformation praxisnah umgesetzt, wirtschaftlich vertretbar gestaltet und die Notarstellen nicht übermäßig belastet werden.
Der DNotV regt folgende Aspekte zur weiteren Verbesserung an:
- Gefahr eines föderalen Flickenteppichs:
Die vorgesehene Verordnungsermächtigung für die Bundesländer, den Beginn der verpflichtenden elektronischen Kommunikation mit den Behörden eigenständig – und differenziert nach einzelnen Behörden – festzulegen, birgt die Gefahr eines unübersichtlichen und ineffizienten Übergangs. Während mit den Gerichten bereits unmittelbar elektronisch kommuniziert werden soll, bleiben Medienbrüche in der Kommunikation mit Behörden länger bestehen. Diese Uneinheitlichkeit führt zu erheblichem Zusatzaufwand in den Notarstellen, insbesondere bei grenznahen Amtsbereichen. Spürbare Synergieeffekte und Effizienzgewinne für Bürger sowie für den Grundstücksverkehr insgesamt werden sich erst mit einer flächendeckenden Einführung realisieren lassen.
- Verzögerte Anbindung der Finanzverwaltung:
Die geplante Frist zur verpflichtenden elektronischen Übermittlung der Unbedenklichkeitsbescheinigung durch die Finanzämter erst ab dem 1. Januar 2028 wird dem Anspruch eines medienbruchfreien Verfahrens nicht gerecht. Die Notariate wären weiterhin über Jahre hinweg gezwungen, mit hybriden Abläufen zu arbeiten. Aus Sicht des DNotV ist eine frühere Einbindung der Finanzämter sowohl technisch machbar als auch sachlich geboten. Gleiches gilt für die bislang nicht erfassten Körperschaftsteueranzeigen gemäß § 54 EStDV, die ebenfalls dringend in das digitale System zu integrieren sind.
- Elektronische Kommunikation mit den Gerichten (§ 41a und § 46 FamFG-E):
Der DNotV begrüßt die Einführung der vollständig elektronischen Kommunikation mit den Gerichten, sieht jedoch die Notwendigkeit einer Klarstellung im § 41a FamFG-E, um Missverständnisse hinsichtlich des Bekanntgabeadressaten zu vermeiden. Der Notar sollte als Empfangsbevollmächtigter und nicht als Adressat der Bekanntgabe genannt werden. Zudem schlägt der DNotV vor, gerichtliche Genehmigungsbeschlüsse, Negativatteste und Rechtskraftzeugnisse an Notare ausschließlich oder führend als XML-Strukturdateien zu übermitteln, um die Effizienz zu steigern und einen nahtlosen Datenaustausch zwischen Behörden, Notaren und Grundbuchämtern zu ermöglichen. Diese Änderung würde den Medienbruch in der elektronischen Kommunikation überwinden, ohne zusätzlichen Aufwand in Bundesländern ohne elektronischen Grundbuchverkehr zu verursachen.
- Zusätzliche Übermittlungs-, Hinweis- und Vermerkpflichten der Notare entbehrlich:
Mit der erweiterten Übermittlung strukturierter Daten durch die Notare an die Gutachterausschüsse nach § 19 Abs. 4 Nr. 7 ERVV-E würde neuer Mehraufwand eingeführt. Wir regen an, dies zu streichen. Die geplante neue Pflicht nach § 20b BeurkG-E, Beteiligte auf ihre Mitteilungspflichten gegenüber den Gutachterausschüssen hinzuweisen und dies in der Urkunde zu vermerken, wird weder dem Zeitpunkt noch dem tatsächlichen Informationsbedürfnis der Beteiligten gerecht. Zudem bedeutet sie einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die sachliche Unabhängigkeit der Notare bei der Urkundsgestaltung. Angesichts bereits eingeführter gesetzlicher Verbesserungen in § 195 BauGB-E besteht aus Sicht des DNotV keine Erforderlichkeit für eine solche zusätzliche Verpflichtung. Der DNotV regt daher an, § 20b BeurkG-E vollständig zu streichen – mindestens jedoch die Vermerkpflicht entfallen zu lassen.