Gesetzentwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) Referentenentwurf

Stellungnahme vom 16.12.2020

Der Deutsche Notarverein dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG).

 

A. Allgemeine Einschätzung des Gesetzentwurfs

Der Referentenentwurf folgt weithin dem Vorschlag der Expertenkommission, die im Frühjahr den Mauracher Entwurf vorlegte. In seiner Stellungnahme vom 30.6.2020 hat der Deutsche Notarverein den Mauracher Entwurf ausdrücklich lobend hervorgehoben. Dass die Grundprinzipien und Leitbilder keine Änderung erfahren haben, begrüßen wir insoweit ausdrücklich. Tragende Säulen auch des Referentenentwurfs sind (i) das bislang in den §§ 705 ff. BGB nicht geregelte Außenrecht der GbR mit Perpetuierung der Rechts- und Parteifähigkeit, organschaftlicher Vertretung und persönlicher akzessorischer Gesellschafterhaftung, (ii) die Einführung eines Gesellschaftsregisters mit Publizitätswirkung, (iii) die Öffnung der OHG und KG und damit auch der GmbH & Co. KG für die Freien Berufe sowie (iv) das Beschluss- und Beschlussmängelrecht.

Insgesamt ist der Gesetzentwurf sehr zu begrüßen. Er stellt allen voran zum neu eingeführten Gesellschaftsregister praxisnahe und schlanke Regelungen bereit, die kosteneffizient sind, eine verlässliche geldwäscherechtliche Prüfung durch die Notarinnen und Notare gewährleisten und gleichzeitig Überregulierung vermeiden. Wenn es trotz anhaltender epidemiologischer Ausnahmelage – wie avisiert – gelingen könnte, die Reform noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen, würde dies von der Praxis sicher begrüßt werden. Die nachfolgenden Einzelpunkte stehen daher unter dem Vorbehalt, dass die zügige Umsetzung des Gesamtvorhabens nicht an Diskussionen über Einzelpunkte scheitern sollte.

 

B. Der Entwurf im Einzelnen

Die Bedeutung und Größe dieses Gesetzgebungsvorhabens bringt es mit sich, dass eine Stellungnahme aus berufspolitischer Sicht nur ausgewählte, für die notarielle Praxis besonders bedeutsam erscheinende Aspekte vertieft behandeln kann. Dies betrifft allen voran das geplante Gesellschaftsregister.

 

I. Das Gesellschaftsregister

Die Einrichtung eines Gesellschaftsregisters als Spiegel der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist uneingeschränkt zu begrüßen. Das mit Publizitätswirkung ausgestaltete Gesellschaftsregister – für den öffentlichen Glauben des neuen Registers wird insoweit zutreffend auf § 15 HGB verwiesen (§ 707a Abs. 2 BGB-E) – verspricht, die bisher in der notariellen und registerrechtlichen Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Falle der Beteiligung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu lösen und damit erhebliche Erleichterungen für den Rechtsverkehr zu bewirken. Dies gründet sich auf die folgenden Erwägungen:

 

1. Erleichterter Nachweis der Existenz und Vertretungsberechtigung

Gesellschaften bürgerlichen Rechts können sich bisher nicht in ein Register eintragen lassen. Das bereitet der Praxis enorme Probleme, insbesondere im Hinblick auf den Nachweis von Existenz und Vertretungsberechtigung der Gesellschaft. Die im Entwurf vorgesehene Schaffung eines Registers, das mit öffentlichem Glauben versehen ist, löst diese Probleme sehr effizient und praxisnah.

Zu Recht wird nach § 719 Abs. 1 S. 2 BGB-E die Existenz der eingetragenen Gesellschaft unwiderleglich vermutet. Wie die Entwurfsbegründung (S. 184) hierzu überzeugend ausführt, muss sich der Rechtsverkehr auf die im Gesellschaftsregister verlautbarte Existenz der Gesellschaft als Rechtssubjekt verlassen können. Umgekehrt haben die Gesellschafter damit den Vorteil, dass bei ihren Vertragspartnern, insbesondere bei Kreditgebern, keine Zweifel über die Existenz der Gesellschaft aufkommen können. Die Existenz kann nach der Konzeption des § 21 BNotO-E auch in einfacher Weise durch Notarbescheinigung erfolgen.

Vor allem hinsichtlich des Nachweises der Vertretungsberechtigung werden nach unserem Dafürhalten GbRs von einer Eintragung in das Gesellschaftsregister profitieren. § 720 Abs. 1 BGB-E hält am gesetzlichen Regelfall der Gesamtvertretungsbefugnis fest, wobei es den Gesellschaftern unbenommen bleibt, im Gesellschaftsvertrag etwas abweichendes, z. B. Einzelvertretungsbefugnis, zu vereinbaren. Auch hier bietet das Gesellschaftsregister mit Publizitätswirkung die Möglichkeit eines verlässlichen und einfachen Nachweises der Vertretungsbefugnis, während die Gesellschafter einer nicht eingetragenen GbR ihre Einzelvertretungsbefugnis weiterhin umständlich, z. B. durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde, nachweisen müssen. Die Kosten für die Registrierung dürften in aller Regel geringer ausfallen als solche für die Erstellung und Verwendung von sonst erforderlichen Vollmachten.

Beispiel: Veräußerung einer von einer GbR gehaltenen Immobilie

Nach geltendem Recht müssen der beurkundende Notar und das Grundbuchamt hier prüfen, (a) wie viele Gesellschafter die GbR auch unter Einbeziehung etwaiger Änderungen im Gesellschafterbestand hat, (b) ob (i) entweder von allen diesen Gesellschaftern formgerechte Zustimmungserklärungen vorliegen oder (ii) alle diese Gesellschafter eine formgerechte Vollmacht erteilt haben.

Nach neuem Recht stellt die Notarin/der Notar die Vertretungsberechtigung des geschäftsführenden Gesellschafters durch Online-Einsicht in das Gesellschaftsregister fest. Das Grundbuchamt prüft nach dem bewährten „Vier-Augen-Prinzip“ unter Einbindung von Notar und Registergericht nur die Identität der erklärenden GbR mit der im Grundbuch eingetragenen GbR anhand der Registernummer.

Die hinlänglich bekannten Probleme und bestehenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit einer GbR als Verkäuferin einer Immobilie und die Diskussion um die Reichweite des § 899a BGB würden damit der Vergangenheit angehören. Hier zeigen sich also ganz erhebliche Effizienzvorteile und damit einhergehende Kosteneinsparungen für die Beteiligten. Auch wenn die Führung eines Gesellschaftsregisters für die GbR bei der Justiz zunächst zu Mehraufwand führt, wird dieser an anderer Stelle mindestens kompensiert, wenn nicht gar überkompensiert.

 

2. Zu § 707a Abs. 1 S. 1 BGB-E

707a Abs. 1 S. 1 BGB-E schreibt klarstellend den Inhalt der Eintragung vor, der aus den in der Anmeldung enthaltenen Angaben besteht. Richtigerweise erstreckt sich dabei der Inhalt der Eintragung nunmehr nicht mehr auf die in § 707 Abs. 2 Nr. 4 BGB-E genannte Versicherung (anders noch im Mauracher Entwurf).

Bei dem einschränkenden Zusatz „Buchstabe a“ der Nummer 1 dürfte es sich jedoch um ein redaktionelles Versehen handeln, sodass „Buchstabe a“ in § 707a Abs. 1 S. 1 BGB-E zu löschen ist. Richtigerweise müssen die gesamten in § 707 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB-E enthaltenen Angaben Inhalt der Eintragung sein, dies schließt auch die Buchstaben b) (Sitz) und c) (Geschäftsanschrift) der Nummer 1 des § 707 Abs. 2 BGB-E ein.

 

3. Zur strukturellen Umsetzung und Funktionsweise des Gesellschaftsregisters

Der § 707b Nr. 2 BGB-E verweist im Hinblick auf die registerrechtliche Behandlung der eingetragenen Gesellschaft auf § 8 HGB, der die elektronische Führung der Handelsregister von den Gerichten vorsieht. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Der Rückgriff auf die bestehenden Strukturen wird den technischen und organisatorischen Aufwand für die Länder so gering wie möglich halten. Gleichzeitig wird durch ein gegenüber dem Handelsregister eigenständiges Gesellschaftsregister dem Umstand Rechnung getragen, dass die GbR wesensmäßige Unterschiede zu den Handelsgesellschaften aufweist.

Nach § 707b Nr. 2 BGB-E sind die Formvorschriften des § 12 HGB für „eingetragene Gesellschaften“ entsprechend anwendbar. Durch die Einbindung der Notarinnen und Notare in das Registerverfahren wird eine Identitäts- und Rechtmäßigkeitskontrolle ermöglicht, welche die Verlässlichkeit und Wahrheit des Registers in gleicher Weise sicherstellt, wie es bereits heute beim Handelsregister der Fall ist. Die ebenfalls bewährte vollständig elektronische Übermittlung der Anmeldungen durch den Notar stellt ein zügiges, verfahrenseffizientes und zukunftsweisendes Verfahren sicher. Die Begründung des Gesetzentwurfs[1] dürfte dabei nur die Annahme zulassen, dass „eingetragene Gesellschaften“ hier im Sinne des Namenszusatzes gemäß § 707a Abs. 3 BGB-E gemeint ist und die Verweisung auf § 12 HGB auch die Erstanmeldung umfasst. Aus Klarstellungsgründen sollte zumindest in der Gesetzesbegründung ausdrücklich angeführt werden, dass durch den Verweis auch die Erstanmeldung zum Gesellschaftsregister erfasst ist.

 

4. Kein Registrierungszwang und Voreintragungserfordernis

 a) Registrierung im Gesellschaftsregister und geldwäscherechtliche Implikationen

Der vom Entwurf gewählte Mittelweg, nicht für alle GbRs ausnahmslos eine Eintragungspflicht vorzusehen, ist aus Sicht der Praxis zu begrüßen. Damit wird Überregulierung vermieden und der Tatsache Rechnung getragen, dass viele GbRs als bloße Gelegenheits-GbR (gegebenenfalls auch nur konkludent) gegründet werden, für die eine Registrierung verfehlt wäre. Ebenso ist es im Sinne der Registerklarheit und -publizität aber umgekehrt auch positiv zu bewerten, dass sich GbRs dann in das Gesellschaftsregister eintragen lassen müssen, wenn sie über registrierte Rechte (z.B. Grundeigentum, Gesellschaftsbeteiligungen) verfügen.

Dies erleichtert nicht nur den Rechtsverkehr maßgeblich, sondern ist auch im Interesse einer effektiven Geldwäschebekämpfung unumgänglich. Durch die Einführung des Gesellschaftsregisters besteht – anders als bislang – künftig auch für eine GbR die Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister. Notarinnen und Notare haben bei etwaigen Unstimmigkeiten zwischen den Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten, die im Transparenzregister zugänglich sind, und den eigenen zur Verfügung stehenden Angaben eine Meldung an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen abzugeben (§ 23a Abs. 1 GwG). In diesem Zusammenhang ist ferner die Ergänzung in § 20 Abs. 2 GwG-E zu begrüßen, dass entsprechende Angaben im Gesellschaftsregister eine Mitteilung an das Transparenzregister entbehrlich machen, da das Gesellschaftsregister in gleicher zuverlässiger Weise wie z.B. das Handelsregister Auskunft über die in § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GwG aufgeführten Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten zu geben vermag.

 

b) Zum Voreintragungserfordernis

Das Voreintragungserfordernis der GbR im Gesellschaftsregister ist in Grundbuchangelegenheiten nun vollständig und folgerichtig geregelt. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB-E sieht ein klares Voreintragungserfordernis für jegliche Verfügungen unter Beteiligung von bereits im Grundbuch eingetragenen GbRs vor. In Art.  229 § 21 Abs. 4 EGBGB-E ist nun zudem eine sachgerechte Übergangsregelung nach dem Vorbild des § 878 BGB für Fälle getroffen worden, in denen die neue Rechtslage zwischen Anmeldung und Eintragung eintritt.

Das Voreintragungserfordernis für eine GbR als OHG-Gesellschafterin, als KG-Komplementärin und als GmbH-Gesellschafterin stellt nun eine in sich geschlossene und nahezu einheitliche Kodifizierung dar (§ 707a Abs. 1 S. 2 BGB-E i.V.m. § 105 Abs. 2 HGB-E; § 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG). Für wenige Einzelfälle ist der Voreintragungsgrundsatz allerdings weiterhin nicht konsequent umgesetzt:

  • Möchte eine GbR den von ihr gehaltenen Gesellschaftsanteil an einer Personenhandelsgesellschaft veräußern, löst dies nach der Konzeption des Referentenentwurfs kein Voreintragungserfordernis aus. Dies wird mit dem hier fehlenden Gutglaubensschutz begründet (S. 305 f. der Entwurfsbegründung). Bereits aus Gründen der Kohärenz sollte jedoch auch hier der Voreintragungsgrundsatz gelten. Auch die Entwurfsbegründung führt insoweit aus, dass dies „der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs“ dienen würde (S. 306).
  • Auch überzeugt nicht, dass, hält eine GbR Anteile an einer GmbH, eine Veränderung im Gesellschafterbestand der GmbH keine Voreintragungsobliegenheit auslösen soll. Dies wird damit begründet, dass Bezugsobjekt des guten Glaubens die GbR selbst und nicht deren Gesellschafterbestand sei (S. 319). Dies ist zwar einerseits richtig. Andererseits ist auch der Gesellschafterbestand der GbR für die Frage der Vertretungsbefugnis von entscheidender Bedeutung. Mithin trüge auch hier eine Geltung des Voreintragungsgrundsatzes zur Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs bei. Zudem würde in diesem Zuge dem hohen geldwäscherechtlichen Schutzniveau besser Rechnung getragen werden, als bereits im Fall der Veränderung des Gesellschafterbestands die Ermittlung der mittelbar wirtschaftlich Berechtigten erfolgen würde.

Eine Ausnahme von der grundsätzlich im Sinne eines sicheren und verlässlichen Rechtsverkehrs zu begrüßenden Eintragungspflicht im Gesellschaftsregister vor Änderungen im Grundbuch wäre allerdings nach hiesiger Ansicht bei bloßen Löschungen von (Alt-)Rechten der GbR (z.B. einer Sicherungshypothek) und die damit einhergehende „Gegenstandslosigkeit“ der GbR zu machen. Hier dürfte eine Voreintragung ins Gesellschaftsregister, die Löschung der Hypothek und die anschließende Löschung der GbR im Gesellschaftsregister den Beteiligten nur schwer vermittelbar sein. Hierzu könnte in Art. 229 § 21 EGBGB-E eine entsprechende Sonderregelung aufgenommen werden, in welchem für eine GbR, deren Gesellschafter nach § 47 Abs. 2 S. 1 GBO in der bis zum […] geltenden Fassung eingetragen sind und deren Vermögen ausschließlich aus Rechten an dem Grundstück besteht, über welche durch Aufhebung oder Übertragung verfügt wird, eine Eintragung im Gesellschaftsregister nicht erforderlich ist, sofern die GbR aus nur zwei Gesellschaftern besteht und wenn die Gesellschafter erklären, dass der GbR keine weiteren im Grundbuch oder anderen Registern erfassten Rechte zustehen. Als weniger weitgehende Ausnahme von der Registrierungspflicht käme in diesen Fällen auch die erleichterte Löschung aus dem Gesellschaftsregister ohne formelle Liquidation in Betracht. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wir auf unsere Stellungnahme zum Mauracher Entwurf vom 30.6.2020 (S. 7).

 

II. Redaktionelle Anmerkung (GrEStG)

In dem Entwurf wird klargestellt, dass die für die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten nicht den Gesellschaftern zur gesamten Hand, sondern der Gesellschaft gehören (§ 713 BGB-E). Damit tritt an die Stelle eines gesamthänderisch gebundenen Vermögens der Gesellschafter ein Vermögen der Gesellschaft.

Mit diesem Verzicht auf das Gesamthandsprinzip gehen zahlreiche – teils nur redaktionelle – Folgeänderungen in anderen Gesetzen einher (z.B. § 736 ZPO-E). Ohne Anspruch auf Vollständigkeit geben wir zu bedenken, dass sich in diesem Zuge zumindest auch im Bereich des Grunderwerbsteuergesetzes entsprechende redaktionelle Anpassungen ergeben können.

 

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Fußnoten:

[1] Auf S. 152 heißt es hier zu § 707b Nr. 2 BGB-E: „Die Verweisung auf § 12 HGB gewährleistet die Mitwirkung des Notars bei der Anmeldung zum Gesellschaftsregister, insofern als diese in öffentlich beglaubigter Form erfolgen muss“.

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