DAV und DNotV: Praxis kritisiert De-Mail

Berlin (DNotV/DAV). In einer gemeinsamen Erklärung haben der Deutsche Notarverein (DNotV) und der Deutsche Anwaltverein (DAV) die geplanten Regelungen des De-Mail-Dienstes kritisiert.

Anlässlich einer am 30. Juli 2010 im Bundesministerium des Innern vorgesehenen Anhörung weisen die beiden Organisationen auf zahlreiche rechtliche wie praktische Probleme, Auslassungen und Fehler des geplanten De-Mail-Gesetzes hin. Das Gesetz bringt nicht nur keinen Mehrwert für den Verbraucher, sondern birgt zahlreiche Gefahren.  So können mit De-Mail etwa  Rechnungen, Mahnungen, behördliche Schreiben und Bescheide zugestellt werden, ohne dass der Bürger hiervon konkret Kenntnis erlangt. Damit wird der Rechtsschutz gegen die Wirtschaft und die Verwaltung beschnitten.

„Es gibt keinen triftigen Grund, einen De-Mail-Dienst zu initialisieren. Mit der elektronischen Signatur ist eine Zustellung elektronischer Dokumente heute schon möglich“, so Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident. Deshalb könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass deutsche Behörden tatsächlich einen Bedarf für diesen Dienst hätten. „In der Praxis läuft die E-Mail-Kommunikation heute schon problemlos“, so Ewer weiter.

„Es besteht immer noch ein Unterschied zwischen einem postalischen und einem elektronischen Briefkasten“, erläutert Notar Dr. Oliver Vossius, DNotV-Präsident. Den Nutzer erreichten auf elektronischem Wege jeden Tag eine Vielzahl gewünschter, aber auch – und dies ist entscheidend – unerwünschter Nachrichten. Diese muss er jeweils kontrollieren und dann auf ihre Relevanz hin überprüfen. „Dazu kommt noch die allgemein zu beobachtenden Zunahme nichts- oder zumindest wenigsagender persönlicher Kommunikation. All das führt zu einem Datenoverkill beim Nutzer“, führt Vossius weiter aus. Dies berge die Gefahr, dass wichtige E-Mails nicht erkannt und aus Versehen gelöscht oder schlicht übersehen werden.

Nach Ansicht beider Organisationen besteht die Gefahr, dass beispielsweise aus Versehen ein Bußgeldbescheid, eine Abrissverfügung oder ein Gerichtsurteil übersehen wird. Das kann dazu führen, dass Rechtsmittel dann nicht mehr möglich sind. Dem Bürger können so wichtige Nachrichten von Unternehmen und Behörden zugestellt werden, ohne dass er diese ausreichend von anderen E-Mails unterscheiden kann.

Die Juristen bemängeln zudem, dass der Gesetzentwurf nichts zu den Kosten des Dienstes für den  Bürger sagt. Zu diesen Kosten gehören neben den Zahlungen an den De-Mail-Diensteanbieter auch die Kosten des Vorbehalts eines funktionierenden Rechners. De-Mail ist damit auch ein Versuch der Industrie, für die E-Mail Gebühren einzuführen wie beim Telefon.

Überdies kritisieren beide Verbände, dass – anders als beim Mobilfunk – der Nutzer beim Anbieterwechsel keinen Rechtsanspruch darauf hat, seine E-Mail-Adresse beizubehalten. Der Internetanbieter kann damit faktisch den Anbieterwechsel durch die Löschung der eventuell seit Jahren verwendeten De-Mail-Adresse erheblich behindern.

Zudem ist nach dem Entwurf die Identitätsfeststellung unklar und unsicher. Jeder Nutzer muss sich nach derzeitigem Stand lediglich einmal entsprechend den Anforderungen des Gesetzes anmelden, um die individualisierte E-Mail-Adresse dauerhaft nutzen zu können. Nachträgliche Änderungen wie z. B. durch Umzug, Heirat, aber auch durch Personalwechsel in Unternehmen haben keinerlei Einfluss auf die Nutzung der einmal gehaltenen Adresse. Dem Missbrauch wird damit Tür und Tor geöffnet.

Anders als beim Telefonbuch hat der Bürger schließlich auch keinen eindeutigen Anspruch darauf, dass seine persönlichen Daten geheim bleiben und nicht in E-Mail-Verzeichnisse eingetragen werden, ohne dass er Nachteile zu befürchten hat. Auf elektronische E-Mail-Adressbücher hat die Werbeindustrie jedoch nur gewartet.

Erstaunt äußern sich beide Verbände über das Gesetzgebungsverfahren. So hat der Gesetzgeber den interessierten Kreisen und Verbänden für die Stellungnahme nur drei Wochen Zeit eingeräumt, und das auch noch in der Ferienzeit. Dies ist umso verwunderlicher, da mit Diensteanbietern der De-Mail-Dienst in den letzten drei Jahren technisch eingehend getestet worden ist.

Im Gesetz fehlt auch ein Passus, nach dem weder eine staatliche Behörde noch ein Unternehmen mit Monopolcharakter (etwa ein Stromversorger) noch der Arbeitgeber eines Bürgers diesen zwingen kann, sich ein De-Mail-Konto zu besorgen.

Anliegend finden Sie eine Erläuterung zu den geplanten Diensten – auch im Vergleich zu den heutigen Möglichkeiten und den Plänen der Deutschen Post.

 

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