Der Schlichtungsgedanke im Statut des SGH

Notar Dr. Bernd Wegmann, Ingolstadt

Einleitung

Der SGH führt die Aufgabe „Schlichtung“ nicht nur in seinem Namen, sondern verankert die Schlichtung als m. W. einziges deutsches Schiedsgericht auch in seinen Statuten. Dabei erfolgt eine Schlichtung stets im Rahmen von streitigen Verfahren, die unter dem Statut des SGH durchgeführt werden (§ 21 des Statuts), s. dazu nachf. unter I.. Ein Verfahren vor dem SGH kann auch als „bloßes“ Schlichtungsverfahren geführt werden (§§ 18, 19 des Statuts), s. nachf. dazu unter II.

I. Die Schlichtung im Rahmen des streitigen Verfahrens vor dem SGH
1. Unterschied zur Vergleichsförderung nach der ZPO

Schon bei streitigen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten soll nach § 279 ZPO das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung der Beteiligten bedacht sein. Entsprechende Bestimmungen enthalten auch die Statuten vieler anderer Schiedsgerichte (z.B. § 32 Abs. 1 SGO DIS, § 19 Abs. 1 SGO IHK München)
Die Schlichtung, die im Rahmen von streitigen Verfahren vor dem SGH durchzuführen ist, geht aber über eine entsprechende Pflicht des Gerichts hinaus und ergänzt, bzw. erweitert sie, wodurch die Beteiligten Verfahrens- und Kostenvorteile erlangen.

a) Die Schlichtung leitet das streitige Schiedsverfahrens zwingend ein (§ 21 Abs. 1 des Statuts). Sie stellt einen herausgehobenen Verfahrensabschnitt dar. Erst nach ihrem Abschluss findet das eigentlich kontradiktorische Verfahren statt.

b) Die Schlichtung wird, wenn auch nur einer der Beteiligten es wünscht, personell getrennt vom darauffolgenden kontradiktorischen Verfahrensabschnitt geführt: die Durchführung der Schlichtungsphase obliegt zunächst allein dem Vorsitzenden, selbst wenn im Regelfall der Spruchkörper noch aus zwei Beisitzern besteht (s. § 21 Abs. 1 im Gegensatz zu § 8 Abs. 1 des Statuts). Wenn auch nur einer der Beteiligten nach einem gescheiterten Schlichtungsverfahren den „Schlichter“ von der Mitwirkung im sich anschließenden streitigen Verfahren ausschließen will, kann er den bisherigen Vorsitzenden ohne Angabe von Gründen vom weiteren Verfahren ausschließen (§ 22 Abs. 1 des Statuts). Dadurch sollen die Schlichtung und der Schlichter eindeutig abgegrenzt werden vom staatlichen Richter, der einen „Zwangsvergleich“ mit der Inaussichtstellung der später zu erwartenden Entscheidung durchsetzt (s. dazu noch unten).

c) Auf welche Art und Weise die Schlichtung durchgeführt wird, lässt das Statut offen. Die Parteien sollen aufgrund ihrer Verfahrensherrschaft über die Methode der Durchführung entscheiden. Ihnen steht dabei die ganze Spannbreite möglicher ADR- Verfahren zur Verfügung: von der interessenorientierten Mediationsverhandlung der Beteiligten, bei der der Vorsitzende nur eine gesprächsleitende und gesprächsstrukturierende Funktion ausübt, bis zur Abrede eines „Schlichtungsspruchs“ durch den Vorsitzenden, der Wirksamkeit erlangt, wenn er durch die Beteiligten nicht widerrufen wird.

d) Die Beteiligten können den Vorsitzenden als Schlichter dabei also ermächtigen oder beauftragen, ihre rechtliche Position oder die Erfolgsaussichten zu bewerten oder sogar in einen Schlichtungsvorschlag einfließen zu lassen. Der Vorsitzende ist in dieser Situation üblicherweise in einem Dilemma: ist er zu offen bei der Preisgabe seiner Bewertung, riskiert er die Ablehnung wegen Befangenheit. Zugleich riskieren die Beteiligten den Verlust an Verhandlungsspielraum, wenn sie rechtliche Bewertungen des Vorsitzenden, der später an der Entscheidung maßgeblich beteiligt ist, erbitten und diese ihre Verhandlungsposition nicht stützen. Deshalb gibt das Statut den Beteiligten das Recht, den Vorsitzenden, der die Schlichtung (ohne Erfolg) betrieben hat, für das weitere Verfahren ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Dadurch kann, wenn auch nur einer der Beteiligten es wünscht, der „Schlichter“ vom „Richter“ getrennt werden.

e) Der SGH fördert weitergehend als Kostenordnungen anderer Schiedsgerichte die Schlichtung durch seine Kostengestaltung. Falls das Verfahren in der Schlichtungsphase beendet wird, fallen zwingend (demgegenüber kann nach § 40 Abs. 3 SGO DIS und nach § 10 Abs. 4 SGO IHK München bei vorzeitiger Verfahrenserledigung das Honorar nur nach billigem Ermessen ermäßigt werden) nur 40% der Kosten einer streitigen Entscheidung an (§§ 8, 10 Abs. 1 Kostenordnung SGH), wobei sich diese 40 % auf die Kosten bei Entscheidung durch einen einzigen Richter beziehen. Gegenüber den Kosten einer streitigen Entscheidung vor einem mit drei Richtern besetzten Spruchkörper (dreifacher Gebührensatz), betragen die Kosten nur 13,3%, wobei ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut keine zusätzliche Gebühr auslöst (§ 10 Abs. 3 Kostenordnung SGH).

2. Verjährungsunterbrechung der Schlichtung durch Einbettung in ein streitiges Verfahren

Das Schlichtungsverfahren als Bestandteil eines streitigen Schiedsgerichtsverfahrens weist gegenüber sonstigen ADR- Verfahren den Vorteil auf, daß es stattfindet, nachdem ein Klageantrag erhoben wurde. Während außergerichtliche Streitbeilegungs-, z.B. Schlichtungs- oder Mediationsverfahren die Verjährung weder unterbrechen noch hemmen (Ausnahme z.B. § 639 Abs. 2 BGB), unterbricht die unselbständige Schlichtungsphase nach § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB die Verjährung, weil sie nach Erhebung der die Verjährung unterbrechenden Schiedsklage erfolgt.

II. Die bloße Schlichtung nach §§ 18, 19 des Statuts

Wenn den Beteiligten die Verjährung ihrer Ansprüche nicht droht und sie deshalb „Schlichtungsverfahren“ im weitesten Sinne losgelöst von Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren führen wollen, können sie solche Verfahren nach dem Statut des SGH führen lassen. Das Statut ist also offen für den Wunsch von Beteiligten, außerhalb von Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren eigenverantwortlich und durch den Vorsitzenden kundig geleitet, ihre Konflikte beizulegen.

Der SGH übernimmt die Durchführung solcher Verfahren, gleichgültig, ob sie nach Eintritt des Konfliktfalls ad hoc vereinbart oder schon vorsorglich zur künftigen Streitbeilegung vereinbart werden ( § 18 Abs. 2 Statut SGH).
Auch hier gilt die Verfahrensherrschaft der Parteien, die damit ein ihnen als geeignet erscheinendes ADR- Verfahren durchführen lassen können. Eine von der Bundesnotarkammer anerkannte Schlichtungsordnung ist nur dann beachtlich, wenn sie mit dem Statut des SGH, damit der Verfahrensherrschaft der Beteiligten nicht in Widerspruch steht. Im Rahmen ihrer Verfahrensherrschaft können die Beteiligten auch wählen, ob sie neben dem Vorsitzenden Beisitzer zugezogen haben wollen. Hierfür werden insbesondere Kostenerwägungen mit entscheidend sein.
Bezüglich der Kosten gilt, daß auch für die bloße Schlichtung nur 40 % der Kosten erhoben werden, die bei einer streitigen Entscheidung anfielen. Nachdem das Verfahren nach §§ 18, 19 des Statuts aber kein Schiedsverfahren im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO darstellt, entfällt die Möglichkeit, dieses Verfahren durch einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut abzuschließen. Wenn die Abrede der notariellen Beurkundung bedarf, fallen hierfür, wenn die Beurkundung durch den Vorsitzenden vorgenommen wird, seine normalen Gebühren nach der KostO an.

Zusammenfassung

Die besondere Hervorhebung der Schlichtung im Rahmen eines streitigen Schiedsgerichtsverfahrens ermöglicht den Beteiligten kostengünstig die Durchführung eines „med- arb“- Verfahrens, das die Beteiligten aufgrund ihrer Verfahrensherrschaft für ihre Verhältnisse maßgeschneidert durchführen lassen können. Ein bloßes Schlichtungsverfahren wird zur näheren Verfahrensausgestaltung durch die Parteien zur Verfügung gestellt, um den verstärkten Wunsch nach Mediation und ähnlichen Verfahren kostengünstig und kompetent befriedigen zu können.

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